Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg
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<strong>Bürgerschaftliches</strong> <strong>Engagement</strong> <strong>und</strong> <strong>Ehrenamt</strong> <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2002/2003<br />
Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong> f<strong>in</strong>det sich im Rahmen der <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland stark ausgeprägten <strong>und</strong> vielfältigen Vere<strong>in</strong>s- <strong>und</strong> Initiativkultur im Zusammenhang<br />
mit Freizeit, Sport <strong>und</strong> Geselligkeit, <strong>in</strong> Selbsthilfe<strong>in</strong>itiativen, bspw. im<br />
Bereich der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge oder Familienselbsthilfe, <strong>in</strong> Verbänden <strong>und</strong> Organisationen<br />
mit sozialen <strong>und</strong> politischen Zielen <strong>und</strong> <strong>in</strong> politischen Parteien.<br />
Das <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> <strong>in</strong> den vergangenen zehn Jahren entwickelte Verständnis<br />
Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s hebt darauf ab, dass BE e<strong>in</strong>en Beitrag zur Gestaltung<br />
des lokalen Lebensraums <strong>in</strong> Nachbarschaft, Dorf, Quartier oder Stadt leistet <strong>und</strong><br />
sich vom Pr<strong>in</strong>zip der gleichberechtigten demokratischen Teilhabe aller leiten lässt. So<br />
verstanden steht BE nicht neben <strong>Ehrenamt</strong>, Selbsthilfe, Freiwilligenarbeit oder Bürger<strong>in</strong>itiativen,<br />
sondern markiert e<strong>in</strong>e spezifische Dimension dieser verschiedenen<br />
Formen unentgeltlichen Tätigwerdens von BürgerInnen <strong>und</strong> Bürgern.<br />
Bürgergesellschaft/Zivilgesellschaft<br />
Die Idee der Zivil- oder Bürgergesellschaft reicht <strong>in</strong> ihren Wurzeln bis weit <strong>in</strong> die abendländisch-europäische<br />
Tradition zurück. In die heutige gesellschaftspolitische Debatte<br />
hat die Idee der Bürgergesellschaft zusätzlich über die US-amerikanischen<br />
Kommunitarismusdebatte <strong>und</strong> die jüngsten Bürgerbewegungen Osteuropas sowie der<br />
ehemaligen DDR E<strong>in</strong>gang gef<strong>und</strong>en.<br />
Die Bürgergesellschaft wird als Netzwerk von selbstorganisierten, freiwilligen Assoziationen<br />
– Vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Verbände, Bürger<strong>in</strong>itiativen <strong>und</strong> Selbsthilfegruppen, Stiftungen <strong>und</strong><br />
Freiwilligendienste, aber auch politische Parteien <strong>und</strong> Gewerkschaften <strong>und</strong> weiteren<br />
Nicht-Regierungs-Organisationen – verstanden, das e<strong>in</strong> Tätigkeitsfeld eigener Art<br />
zwischen Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Familie bildet.<br />
Bürgergesellschaft als Reformperspektive erfordert vonseiten der Wirtschaft Unternehmen,<br />
die sich dem Geme<strong>in</strong>wesen gegenüber verantwortlich verhalten <strong>und</strong> <strong>in</strong> diesem<br />
S<strong>in</strong>ne als „Corporate Citizens“ selbst Teil der Bürgergesellschaft s<strong>in</strong>d. Vor allem<br />
aber bedarf die Bürgergesellschaft e<strong>in</strong>es unterstützenden Staates, der bürgerschaftliches<br />
<strong>Engagement</strong> nicht durch unnötige bürokratische Auflagen reglementiert <strong>und</strong><br />
hemmt, sondern schützt <strong>und</strong> ermöglicht. Es geht um e<strong>in</strong> neues Verhältnis zwischen<br />
Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft, <strong>in</strong> dem bürgerschaftliches <strong>Engagement</strong> e<strong>in</strong>e zentrale<br />
Rolle spielt. Besondere Bedeutung kommt dabei jenen Organisationen, Institutionen<br />
<strong>und</strong> Initiativen zu, die gewissermaßen das Verb<strong>in</strong>dungsstück zwischen den engagierten<br />
Bürgern <strong>und</strong> Bürger<strong>in</strong>nen auf der e<strong>in</strong>en Seite, der Bürgergesellschaft als<br />
Ganzer auf der anderen Seite bilden.<br />
Auf örtlicher Ebene wird die Bürgergesellschaft unter dem Leitbild der Bürgerkommune<br />
diskutiert.<br />
Bürgerkommune<br />
Im zivilgesellschaftlichen Leitbild der Bürgerkommune spiegelt <strong>und</strong> realisiert sich die<br />
Idee der Bürgergesellschaft. Hier werden die e<strong>in</strong>zelnen Förderformen <strong>und</strong> –<strong>in</strong>strumente<br />
zu e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Konzept gebündelt, statt beliebige <strong>und</strong> damit nur begrenzt<br />
wirksame Versatzstücke zu se<strong>in</strong>. Dabei geht es darum, die Verwaltung stärker<br />
<strong>in</strong> die Rolle der Ermöglichungsverwaltung für Aktivitäten des Dritten Sektors (statt<br />
Beschränkung auf die Rolle der Ordnungs- oder Dienstleistungsverwaltung) zu motivieren,<br />
die Politik davon zu überzeugen, Elementen strategischer Zielsetzung größeres<br />
Gewicht beizumessen <strong>und</strong> weitere Akteure aus dem dritten <strong>und</strong> tendenziell auch<br />
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