Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg
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Neue Wege der Verbände <strong>in</strong> der Bürgergesellschaft?<br />
Gewerkschaften. Re<strong>in</strong>e Berufs- oder Branchenverbände wurden nicht berücksichtigt.<br />
55<br />
In den bisherigen Untersuchungen wurden Verbände vorrangig zu ihrem Verhältnis<br />
zum Staat, zu ihrer Personalstruktur <strong>und</strong> der künftigen F<strong>in</strong>anzierungssituation befragt<br />
(vgl. Priller et al. 1999). Als Fazit solcher Untersuchungen werden gravierende<br />
Probleme durch e<strong>in</strong>e abnehmende F<strong>in</strong>anzierung der geme<strong>in</strong>nützigen Verbände seitens<br />
der öffentlichen Hand genannt. Daraus folgt die Suche nach alternativen F<strong>in</strong>anzquellen<br />
wie beispielsweise „effektives F<strong>und</strong>rais<strong>in</strong>g“ oder E<strong>in</strong>nahmen aus eigenwirtschaftlicher<br />
Tätigkeit (Priller et al. 1999: 26).<br />
Aus dieser Studie von Priller et al. (1999) geht aber auch hervor, dass erstens die geme<strong>in</strong>nützig<br />
tätigen Verbände sehr stark von ehrenamtlichem <strong>Engagement</strong> abhängig<br />
s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> zweitens mit dem gesellschaftlichen Wandel <strong>und</strong> <strong>in</strong> Reaktion auf gesellschaftliche<br />
Probleme auch e<strong>in</strong>e Veränderung der Tätigkeitsfelder der Verbände e<strong>in</strong>hergeht<br />
(Priller et al. 1999: 14). Die b<strong>und</strong>esweite Studie untersucht die Art dieser<br />
Veränderungen jedoch nicht e<strong>in</strong>gehend, sondern konstatiert sie eher als Beobachtung<br />
am Rande.<br />
Was <strong>in</strong> der genannten Studie eher als „Randbemerkung“ festgehalten wurde, rückt <strong>in</strong><br />
der hier dargestellten Untersuchung <strong>in</strong>s Zentrum: Die Analyse der realen <strong>und</strong> der<br />
möglichen Kooperationsformen zwischen den großen Organisationen, wie sie Verbände<br />
darstellen, <strong>und</strong> den vielfältigen neu entstehenden bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>formen<br />
<strong>und</strong> Netzwerken. Von Interesse ist e<strong>in</strong>e Analyse des gegenwärtigen Zusammenspiels<br />
von Verbänden mit weiteren selbst organisierten gesellschaftlichen Zusammenschlüssen<br />
<strong>und</strong> die Bee<strong>in</strong>flussung <strong>und</strong> Förderung solcher Initiativen durch die<br />
Verbände.<br />
Diese Fragestellung wurde erstmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfangreicheren Weise im Rahmen der<br />
von der Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s“ durchgeführten<br />
Untersuchungen behandelt. Dabei ließ sich die Kommission von der Anschauung<br />
leiten, dass e<strong>in</strong>e leistungsfähige Bürgergesellschaft nicht nur zwischen Staat<br />
<strong>und</strong> Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bürger alle<strong>in</strong> entstehen kann, sondern Vere<strong>in</strong>e, Verbände <strong>und</strong><br />
Assoziationen aller Art zur gesellschaftlichen Selbstorganisation beitragen <strong>und</strong> den<br />
Organisationskern der Bürgergesellschaft bilden. Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> dieser Relevanze<strong>in</strong>schätzung<br />
führte die Enquête-Kommission im Sommer 2000 erstmals e<strong>in</strong>e<br />
schriftliche Befragung von Verbänden durch. Darüber h<strong>in</strong>aus fanden mehrere Verbändeanhörungen<br />
zum Thema „Die Zukunft des bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s <strong>in</strong><br />
den Verbänden“ statt, die erste im November 2000 sowie e<strong>in</strong>e zweite am 11. Februar<br />
2001. 56<br />
Als Resümee dieser Anhörungen ergab sich folgender Bef<strong>und</strong> der Kommission: Die<br />
Zusammenarbeit der Verbände, Vere<strong>in</strong>e <strong>und</strong> öffentlichen Institutionen gel<strong>in</strong>gt häufig<br />
nur unbefriedigend. Teilweise werden Probleme <strong>in</strong> der Zusammenarbeit durch bestehende<br />
Vorurteile, Berührungs- <strong>und</strong> Konkurrenzängste zwischen den verschiedenen<br />
Organisationen <strong>und</strong> Akteuren verstärkt. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere dort, wo sich Parallel<br />
55 Nicht berücksichtigt wurden Branchenverbände wie beispielsweise der Verband der Chemischen<br />
Industrie (VCI), Wirtschaftsvere<strong>in</strong>igung Stahl, B<strong>und</strong>esverband Güterkraftverkehr Logistik<br />
<strong>und</strong> Entsorgung (BGL), Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V.<br />
(AGDW), Deutscher Hotel- <strong>und</strong> Gaststättenverband (DEHOGA).<br />
56 Vgl. Deutscher B<strong>und</strong>estag, Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s“<br />
(2001a): Öffentliche Anhörung „Die Zukunft des Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s <strong>in</strong><br />
den Verbänden“ am 12./13. November 2000. Unveröffentlichtes Wortprotokoll. Berl<strong>in</strong>, sowie:<br />
Deutscher B<strong>und</strong>estag, Enquête-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s“<br />
(2001b): Öffentliche Anhörung „Die Zukunft des Bürgerschaftlichen <strong>Engagement</strong>s <strong>in</strong><br />
den Verbänden“ am 11. Februar 2001. Unveröffentlichtes Wortprotokoll. Berl<strong>in</strong>.<br />
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