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Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt in Baden-Württemberg

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Neue Formen von Jugendfreiwilligendiensten <strong>und</strong> –projekten<br />

Teilnehmenden ermöglichen (s. o.). Die zweite hebt darauf ab, dass unsere Gesellschaft<br />

für ihre Zukunftsbeständigkeit darauf angewiesen ist, Jugendlichen die Erkenntnis <strong>und</strong><br />

die Erfahrung zu ermöglichen, dass es sowohl wichtig als auch möglich ist, außerhalb<br />

von Familie, Staat <strong>und</strong> Markt e<strong>in</strong>en Beitrag zur Stabilität von Gesellschaft zu leisten;<br />

<strong>und</strong> dass es deshalb darauf ankommt, möglichst vielen Jugendlichen e<strong>in</strong>en (niedrigschwelligen)<br />

E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> „<strong>Engagement</strong>biographien" zu ebnen. Die dritte Argumentation<br />

geht von gesellschaftlich notwendigen oder wünschenswerten Aufgaben der Dase<strong>in</strong>svorsorge<br />

(Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung unterstützen, kranke Menschen pflegen, Biotope<br />

sauber halten, Museen betreiben usw.) aus <strong>und</strong> betrachtet Jugendfreiwilligendienste als<br />

e<strong>in</strong>en Beitrag zur Erbr<strong>in</strong>gung dieser Leistungen auch unter den Bed<strong>in</strong>gungen staatlichen<br />

Rückzugszugs aus der Aufgabenerledigung.<br />

Die vorliegenden ersten Evaluationsergebnisse zeigen, dass seitens der verantwortlichen<br />

Akteure bei den Trägern, <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>richtungen (E<strong>in</strong>satzstellen) <strong>und</strong> bei den beteiligten<br />

Kommunen die Bedeutung der neuen Freiwilligen-Modelle e<strong>in</strong>hellig <strong>in</strong> ihrer<br />

jugendpolitischen bzw. pädagogischen <strong>und</strong> zivilgesellschaftlichen Basisqualität gesehen<br />

wird. Wichtig ersche<strong>in</strong>t uns <strong>in</strong> diesem Zusammenhang vor allem, dass mit den Aspekten<br />

„Soziales Lernen“ <strong>und</strong> „Bürgergesellschaft“ Begründungen der S<strong>in</strong>nhaftigkeit<br />

von Jugendfreiwilligenprojekten <strong>und</strong> –diensten formuliert s<strong>in</strong>d, die ihre Geltung unabhängig<br />

von der Debatte über die Folgen e<strong>in</strong>es potentiellen Wegfalls von Wehr- <strong>und</strong><br />

zivilem Ersatzdienst haben.<br />

Die dritte, aufgabenorientierte Betrachtungsweise von Freiwilligendiensten <strong>und</strong> –<br />

projekten spielt an dieser Stelle - zum<strong>in</strong>dest bislang – ke<strong>in</strong>e nennenswerte Rolle. So<br />

haben z.B. die an den Praxismodellen von Diakonischem Werk <strong>und</strong> Evangelischem Jugendwerk<br />

<strong>Württemberg</strong> beteiligten E<strong>in</strong>richtungen mit ihrer Bereitschaft, Praxisplätze<br />

zur Verfügung zu stellen, vor allem die Absicht verb<strong>und</strong>en, „jungen Menschen E<strong>in</strong>blick<br />

<strong>in</strong> andere, ihnen `fremde´ Lebenslagen zu ermöglichen / auf soziale Probleme h<strong>in</strong>zuweisen“.<br />

Demgegenüber spielte das Motiv, e<strong>in</strong>e „Unterstützung, Entlastung unserer<br />

hauptamtlichen Mitarbeiter“ bekommen zu wollen, kaum e<strong>in</strong>e Rolle (vgl.<br />

KLIE/MEYER/ROSS 2003b, S. 10).<br />

Die ger<strong>in</strong>ge Rolle, die e<strong>in</strong>e aufgabenorientierte Argumentation spielt, hängt natürlich<br />

auch mit der konkreten Ausgestaltung der hier diskutierten Modelle zusammen: projektorientierte<br />

E<strong>in</strong>sätze mit 20 bis 200 St<strong>und</strong>en (ob kompakt oder über e<strong>in</strong>en längeren<br />

Zeitraum verteilt) lassen von vornhere<strong>in</strong> nicht den Gedanken aufkommen, auf diese<br />

Weise könnten professionell erbrachte Leistungen nunmehr von Freiwilligen erbracht<br />

werden. Dies sieht bei Vollzeitdiensten gr<strong>und</strong>sätzlich anders aus – allerd<strong>in</strong>gs kann<br />

auch hier auf Gr<strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen Gesamtzahl der derzeit zur Verfügung stehenden<br />

Plätze nicht von e<strong>in</strong>er realistischen Substitution des möglicher Weise wegfallenden<br />

zivilen Ersatzdienstes oder gar von nicht mehr besetzbaren oder nicht mehr f<strong>in</strong>anzierbaren<br />

Fachkraftstellen im Sozialbereich die Rede se<strong>in</strong>. Diese Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

ändern sich natürlich <strong>in</strong> dem Fall, wenn tatsächlich mehr Freiwilligendienst-Plätze<br />

e<strong>in</strong>gerichtet werden. In diesem Fall <strong>und</strong> unter e<strong>in</strong>em zunehmenden Kostendruck bzw.<br />

zunehmenden Fachkräftemangel (z.B. im pflegerischen Bereich) wird sich die heute<br />

noch bei den Trägern, E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong> Kommunen anzutreffende primär pädagogische<br />

<strong>und</strong> zivilgesellschaftliche Betrachtungsweise von Jugendfreiwilligendiensten<br />

<strong>und</strong> –projekten bewähren müssen.<br />

Im Übrigen stellt e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches Verständnis von Jugendfreiwilligendiensten<br />

<strong>und</strong> –projekten – genauso wenig wie e<strong>in</strong> pädagogisches – ke<strong>in</strong>eswegs <strong>in</strong> Abrede,<br />

dass auch durch diese Modelle ermöglichtes <strong>Engagement</strong> von Jugendlichen<br />

auch unter gesellschaftlicher H<strong>in</strong>sicht nützlich, wünschenswert <strong>und</strong> sogar notwenig<br />

ist. Gleichwohl bilden nicht bestimmte zu erledigende Aufgaben den Ausgangspunkt,<br />

sondern junge Menschen, denen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umfassenden S<strong>in</strong>ne Bildung ermöglicht<br />

bzw. denen „Sich-Engagieren“ <strong>und</strong> „Sich-Beteiligen“ als e<strong>in</strong>e für die Zukunftsfähig<br />

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