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Gesundheit läßt sich nicht lehren - Arbeitskreis ...

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Entscheidend für Interpenetration ist, daß „die Grenzen des einen Systems<br />

in den Operationsbereich des anderen übernommen werden können“<br />

(Luhmann, 1994, S.295), d.h. aber jeweils gerade <strong>nicht</strong> identisch sind,<br />

sondern <strong>sich</strong> unterscheiden. „Jedes an Interpenetration beteiligte System<br />

realisiert in <strong>sich</strong> selbst das andere als dessen Differenz von System und<br />

Umwelt, ohne selbst entsprechend zu zerfallen. So kann jedes System im<br />

Verhältnis zum anderen eigene Komplexitätsüberlegenheit, eigene Beschreibungsweisen,<br />

eigene Reduktionen verwirklichen und auf dieser Grundlage<br />

eigene Komplexität dem anderen zur Verfügung stellen“ (a.a.O., S.295).<br />

Lernen voneinander ist gerade dadurch möglich, daß <strong>sich</strong> die psychischen<br />

Systeme unterscheiden, indem sie die System-Umwelt-Grenze<br />

des anderen psychischen Systems erkennen. Mit jeder Beobachtung<br />

verändert <strong>sich</strong> aber das Beobachtete, da diese Operation in beiden Systemen<br />

zugleich erfolgt: Wie langweilig und unergiebig eine Lernsituation<br />

auch immer scheinen mag, die an dieser Lernsituation beteiligten<br />

Systeme haben in der Lernsituation eine Zustandsveränderung vollzogen,<br />

dessen Richtung allerdings <strong>nicht</strong> voraussagbar ist.<br />

Interpenetrierende Systeme können die Komplexität des jeweiligen<br />

anderen Systems niemals voll ausnutzen und nie ganz in das eigene System<br />

überführen, beispielsweise können KursleiterInnen <strong>nicht</strong> die gesamte<br />

Komplexität der Assoziationen zu <strong>Gesundheit</strong> bei Teilnehmenden<br />

erkennen und übernehmen, oder umgekehrt: Teilnehmende können<br />

<strong>nicht</strong> die Komplexität des <strong>Gesundheit</strong>sbegriffs von KursleiterInnen<br />

erfassen. Die beteiligten Systeme stehen nach Auffassung von Luhmann<br />

(a.a.O, S.311) vor Aufgaben der Informationsverarbeitung, die<br />

<strong>nicht</strong> sachgerecht zu lösen sind. Um dennoch die Komplexität des<br />

anderen Systems für den Aufbau des eigenen Systems zu nutzen, arbeiten<br />

sie mit binärer Schematisierung (richtig/falsch, gesund/krank, angenehm/<strong>nicht</strong><br />

angenehm usw.). Diese binäre Schematisierung, die nie<br />

komplexe Wirklichkeit wiedergeben kann, gerade weil sie sie auf ein<br />

Maß reduziert, das Voraussetzung für Zugänglichkeit ist, ist damit zentral<br />

für Lernprozesse. Sie ist gleichzeitig eine Erklärung dafür, warum<br />

die (für Systeme eigentlich <strong>nicht</strong> gültige) Unterscheidung zwischen<br />

gesund und krank wichtig ist. Sie ist ein Merkmal des sozialen Systems<br />

Kommunikation, <strong>nicht</strong> des Organismus.<br />

Die Integrationsmöglichkeit liegt darin, daß die beteiligten Systeme<br />

dasselbe Differenzschema verwenden, um Informationen zu verarbeiten.<br />

Die Struktur des Geschehens ist auf beiden Seiten analog. Das<br />

ermöglicht zunächst Interpenetration, aber auch, daß auf beiden Sei-<br />

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