Gesundheit läßt sich nicht lehren - Arbeitskreis ...
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mitteln dem Meister, daß die Arbeitsplatzanlage ergonomische Mängel<br />
(unbequeme Arbeitshaltung) hat. Der Meister hört kaum hin, sagt es<br />
evtl. dem Arbeitsmittelplaner weiter oder auch <strong>nicht</strong>. Dieser hat, wenn<br />
er die Klage hört, gerade etwas anderes zu tun. Keiner von beiden<br />
kommt auf die Idee, den MitarbeiterInnen mitzuteilen, daß und warum<br />
die Veränderung noch etwas dauert. Die MitarbeiterInnen fragen<br />
<strong>nicht</strong> weiter nach, weil sie <strong>nicht</strong> unangenehm auffallen wollen und<br />
denken, daß sowieso niemand auf ihre Vorschläge achtet. Da der Arbeitsmittelplaner<br />
<strong>nicht</strong>s weiter davon hört, schließt er, es sei <strong>nicht</strong> so<br />
wichtig gewesen. Die MitarbeiterInnen gewöhnen <strong>sich</strong> an die schlechten<br />
Bedingungen und werden allmählich daran krank.<br />
Um hier Veränderungen möglich zu machen, ist eine Perturbation<br />
notwendig, die bewirkt, daß die MitarbeiterInnen gehört werden,<br />
wenn sie ihre Erfahrungen mitteilen wollen.<br />
Das Vorgehen erfolgt in zwei Phasen:<br />
– In der Basisphase werden Abteilungsangehörige in einem Einführungsseminar<br />
mit den Zielen und Grundgedanken des Projektes vertraut<br />
gemacht. Ein vergleichbares Basisseminar findet für Vorgesetzte<br />
und Betriebsräte statt. Zentrales Instrument dieser Basisphase ist<br />
ein MitarbeiterInnen-<strong>Gesundheit</strong>szirkel, in dem zehn bis fünfzehn<br />
MitarbeiterInnen <strong>sich</strong> zehn Wochen lang einmal in der Woche etwa<br />
eineinhalb Stunden, ohne Vorgesetzte, aber von einem externen<br />
Moderator begleitet, treffen, um ihre Arbeitssituation auf gesundheitliche<br />
Aspekte zu untersuchen. „Es wird möglich zu sehen, wie sehr<br />
man selber schon aufgegeben hatte, überhaupt noch etwas ändern zu<br />
wollen. Statt wie bisher still vor <strong>sich</strong> hin zu schimpfen, faßt man wieder<br />
Mut und spricht im Betrieb Dinge an, die man eigentlich längst<br />
aufgegeben hat“ (Friczewski, 1993c, S.21). Nach einer anfänglichen<br />
Phase des wechselseitig Vor-<strong>sich</strong>-hin-Jammerns wird ein qualifizierter<br />
Problemkatalog erarbeitet, der bereits einige Lösungsansätze oder<br />
Lösungsvorschläge enthält, die <strong>nicht</strong> vom Moderator, sondern von<br />
den Teilnehmenden kommen. Die Jammerphase beschreiben Friczewski<br />
u.a. (1993a, S.76) so: „Man fühlt <strong>sich</strong> als Opfer der Verhältnisse<br />
und benutzt den Zirkel als Gelegenheit, endlich einmal all das loszuwerden,<br />
was <strong>sich</strong> an Groll und Verletzungen aufgestaut hat. Für fast alle<br />
Teilnehmer ist es dabei überraschend festzustellen, daß es anderen eigentlich<br />
genauso geht wie einem selber. Das hilft dabei, Dinge offen<br />
beim Namen zu nennen.“ Interessant ist die Erfahrung, daß ZirkelteilnehmerInnen<br />
im Vergleich zu Nicht-ZirkelteilnehmerInnen fast<br />
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