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Gesundheit läßt sich nicht lehren - Arbeitskreis ...

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sozialen Übereinkunft, <strong>nicht</strong> Ergebnis biologischer Vorgänge. „Kein<br />

Phänomen an <strong>sich</strong> ist Symptom. Es wird erst durch Kommunikation dazu“<br />

(Simon, 1995a, S.66). Wenn durch soziale Übereinkunft aber <strong>nicht</strong> die<br />

abweichenden, kranken Phänomene markiert werden, sondern die gesunden<br />

Phänomene, bedeutet dies eine starke Einschränkung von Verhaltensmöglichkeiten,<br />

erlaubter körperlicher oder psychischer Zustände<br />

oder Kommunikationen, weil eine Vielzahl beobachtbarer positiver<br />

Merkmale der Unterscheidung vorgewiesen werden müssen, um der<br />

Ettikettierung als krank zu entgehen; die Kontrollfunktionen nehmen<br />

zu (a.a.O., S.191f.). Nach dieser Definition ist es einleuchtend, daß Simon<br />

<strong>sich</strong> gegen eine positive Definition von <strong>Gesundheit</strong> wehrt. <strong>Gesundheit</strong><br />

als der markierte Bereich hätte keine Ähnlichkeit mit Wohlbefinden,<br />

sondern mit einem rigiden Regelwerk des Verhaltens und<br />

Seins, das gerade in Deutschland Erinnerungen an den historischen<br />

Mißbrauch des Begriffs der Volksgesundheit erinnert.<br />

Nach Simon ist Krankheit die soziale Entscheidung, Ursachen für<br />

Phänomene, die als Symptome identifiziert sind, d.h. <strong>nicht</strong> dem erwarteten<br />

Zustand oder Verhalten entsprechen, im Organismus zu suchen.<br />

Definition von Krankheit setzt voraus:<br />

– Ein Phänomen des Verhaltens oder Zustands eines Körpers wird<br />

durch Kommunikation Bestandteil eines sozialen Systems. Es wird<br />

von anderen Phänomenen unterschieden.<br />

– Das Phänomen wird als störend oder <strong>nicht</strong> störend bewertet.<br />

– Innerhalb des sozialen Systems ist das Phänomen <strong>nicht</strong> erklärbar.<br />

Die Ursache wird deshalb im Organismus gesucht.<br />

– Wird die Ursache eines störenden Phänomens im sozialen System<br />

gesucht, sind disziplinarische oder erzieherische Folgen zu erwarten,<br />

über die letztendlich z.B. das Justizsystem entscheidet. Wird die Ursache<br />

eines störenden Phänomens im organischen System gesucht,<br />

sind therapeutische Folgen zu erwarten, über die letztendlich das<br />

medizinische System entscheidet. Die Suche nach der Ursache im<br />

Organismus kann so letztlich auch vor disziplinarischen Maßnahmen<br />

schützen.<br />

Eine salutogenetische Sichtweise ist – dies sei zu Simon kritisch angemerkt<br />

– auch aus einer systemisch-konstruktivistischen Perspektive<br />

heraus aber <strong>nicht</strong> unbedingt ausgeschlossen, dann nämlich, wenn sie<br />

<strong>sich</strong> <strong>nicht</strong> den Anspruch stellt, endgültige und umfassende Antworten<br />

zu finden und konkrete Lebensvorschriften zu machen. Die salutogenetische<br />

Sichtweise bleibt dann auf einer allgemeineren Ebene und be-<br />

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