Zukunft der Handelsmittelschulen - Bbaktuell
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Teil III: Fazit und Empfehlungen zur Evaluation des Pilotprojektes „<strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>Handelsmittelschulen</strong>“<br />
Ergebnisse erscheinen aus den folgenden Gründen interessant: So wird deutlich, dass Juniorfirmen<br />
in Bezug auf den Praxisbezug als authentischer beurteilt werden als Übungsfirmen und<br />
letztere wie<strong>der</strong>um als realitätsnäher als die Lernbüros. 107 Generell wurde <strong>der</strong> Einbezug von<br />
Praxisexperten bei Übungsfirmen als ein zentrales Element beschrieben, um das Modul aus<br />
Sicht <strong>der</strong> Beteiligten möglichst authentisch erscheinen zu lassen. Jedoch kann von konkreten<br />
betrieblichen Arbeiten (vgl. Abbildung 1), wie den hier analysierten Auftragsübernahmen,<br />
nicht per se ein höheres Mass an Praxisorientiertheit erwartet werden, als etwa bei <strong>der</strong> Simulation<br />
betrieblicher Arbeiten im Rahmen von Übungsfirmen. Auch konnte aus Sicht <strong>der</strong> Beteiligten<br />
mit dem Modul „Klassenkasse“ an <strong>der</strong> Wirtschaftsmittelschule Bern ein hoher Grad<br />
an Authentizität erreicht werden, obwohl kein Kontakt zur betrieblichen Praxis hergestellt<br />
wurde. Wie sind diese Daten zu deuten? Der Einbezug von Praktikern kann zwar die von den<br />
Beteiligten wahrgenommene Authentizität des jeweiligen Moduls positiv beeinflussen, ist jedoch<br />
nicht notwendigerweise eine hinreichende Voraussetzung für die Verbesserung des Praxisbezugs,<br />
wie weiter unten vertiefend diskutiert wird.<br />
Interessanterweise wurde die Frage <strong>der</strong> Vergütung o<strong>der</strong> eine grössere Notenrelevanz eher selten<br />
durch die Lernenden angesprochen. Es geht für die Lernenden eher, wie bspw. die Erfahrungen<br />
im Zusammenhang mit den Praktika illustrieren, um die Möglichkeiten eines Praxiseinblicks.<br />
Umgekehrt haben Lernende bei jenen Modulen, die sie insgesamt eher schlechter<br />
beurteilen, häufiger die Frage <strong>der</strong> „Gegenleistung“ angesprochen. Dabei erscheint eine separate<br />
Zeugnisnote aus Sicht <strong>der</strong> Lernenden <strong>der</strong> analysierten Übungsfirmen wichtig, um den<br />
Stellenwert des Moduls zu verdeutlichen und um die praxisbezogenen Leistungen gegenüber<br />
potenziellen Arbeitgebern dokumentieren zu können. Die Einschätzungen <strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong><br />
Lernenden durch die Betreuer sollten zudem, so die Befunde aus den Übungsfirmen, im Rahmen<br />
eines Feedback-Gesprächs besprochen werden.<br />
Im Ausgangspunkt konnte bei den meisten untersuchten Kategorien ein hohes bzw. sehr<br />
hohes Mass an Eigenverantwortung erreicht werden. In Bezug auf die Eigenverantwortlichkeit<br />
wurde bei den Kategorien „Betriebspraktikum“ und „Auftragsübernahme“ jedoch auch<br />
noch ein Verbesserungspotenzial deutlich: 108 Die Lernenden konnten zwar ihre Arbeiten<br />
offenbar meist selbständig durchführen, jedoch ihre Aktivitäten nicht immer auch eigenverantwortlich<br />
planen bzw. kontrollieren. Im Ausgangspunkt erscheint es bei sämtlichen Modulkategorien<br />
möglich, ein hohes Mass an Eigenverantwortlichkeit <strong>der</strong> Lernenden zu erreichen.<br />
Gründe für die leicht divergierenden Rückmeldungen <strong>der</strong> Beteiligten lassen sich daher<br />
nicht auf unterschiedliche Modulkategorien zurückführen. Vielmehr scheinen sich eher Elemente<br />
<strong>der</strong> Modulkonzeption (Klarheit <strong>der</strong> erteilten Aufträge, Möglichkeiten <strong>der</strong> Routinisierung<br />
von Arbeiten bzw. die Dauer für die Durchführung des Moduls) und <strong>der</strong> Betreuung <strong>der</strong><br />
107 Dies spiegelt die in <strong>der</strong> Abbildung 2 enthaltene Reihenfolge wi<strong>der</strong>, wonach Lernbüros letztlich fiktive und<br />
Juniorfirmen reale Produkt- und Geldströme bzw. Aussenkontakte unterhalten. Übungsfirmen zeichnen sich<br />
demgegenüber durch fiktive Produkt- und Geldströme sowie reale Aussenkontakte aus.<br />
108 Die Daten sind jedoch auch unter Umständen vorsichtig zu interpretieren: So stellt sich die Frage, ob im<br />
schulischen Kontext vor dem Hintergrund fest etablierter Routinen eine vollständige Selbständigkeit <strong>der</strong><br />
Lernenden hergestellt werden kann. Sehr häufig wird die Planung <strong>der</strong> einzelnen Arbeitsschritte bzw. die<br />
Kontrolle <strong>der</strong> entstandenen Lernprodukte <strong>der</strong> Lehrkraft überantwortet. Daher ist zu fragen, ob sich die<br />
Rückmeldungen <strong>der</strong> Praktiker aus dem Betriebspraktikum, die eine Eigenverantwortung von Mitarbeitern<br />
nicht allein auf die Phase <strong>der</strong> Durchführung, son<strong>der</strong>n gerade auch auf die Aspekte <strong>der</strong> Planung und Kontrolle<br />
beziehen dürften, in diesem Zusammenhang aussagekräftiger sein könnten als jene <strong>der</strong> Lehrkräfte. Vor<br />
diesem Hintergrund erscheint es plausibel, dass Praktikumsbetreuer die Selbständigkeit <strong>der</strong> Lernenden<br />
an<strong>der</strong>s als die Beteiligten <strong>der</strong> übrigen Modulkategorien als „mittelmässig“ beurteilt haben, und aufgrund <strong>der</strong><br />
kurzen Praktikumsdauern insbeson<strong>der</strong>e ein Verbesserungspotenzial bei den Lernenden bezüglich <strong>der</strong>en<br />
eigenverantwortlichen Planung und Kontrolle von Arbeiten bekundet haben. Aus den genannten Gründen<br />
könnte es sein, dass in Bezug auf das eigenverantwortliche Planen und Kontrollieren insgesamt noch ein<br />
Verbesserungspotenzial besteht.<br />
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