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Das pragmatische Konzept für den Bruchrechenunterricht

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Bei Bevölkerungsgruppen, die in Gesellschaften lebten, die unter<br />

Modernisierungsdruck stün<strong>den</strong>, sei im ganzen 20. Jahrhundert ein Anstieg der<br />

Intelligenz festzustellen. So hätten sich die Mittelwerte der Intelligenz von<br />

Nationen, die sich industriell entwickelt haben, in <strong>den</strong> letzten Jahrzehnten auch<br />

in Entwicklungsländern, drastisch nach oben bewegt.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet nicht, dass es in traditionellen Gesellschaften am biologischen<br />

Potenzial mangelt, sondern deutet darauf hin, dass die Anregung aus der<br />

kulturellen Umgebung fehlt, die nötig ist, um dieses Potenzial auszuschöpfen.<br />

Zwar könne man davon ausgehen, dass der Wildbeuter, wenn auch vielleicht<br />

nicht vor 200.000 Jahren, doch mindestens seit <strong>den</strong> letzten 50.000 Jahren, das<br />

biologische Potenzial zum formal-logischen Denken hatte. 75 Dieses biologische<br />

Potenzial habe aber infolge der Sozialisationsbedingungen nicht aktualisiert<br />

wer<strong>den</strong> können, sodass das Denken der Jäger und Sammler – wie das aller<br />

vormodernen Menschen – im präoperational-erkenntnisrealistischen Denken<br />

stecken geblieben sei. Der menschliche Geist entwickle sich nämlich in der<br />

Auseinandersetzung mit seiner Umwelt, vor allem mit seiner kulturellen Umwelt.<br />

Wenn diese sich in einem primitiven Zustand befinde, dann seien ihre Reize zu<br />

schwach, um die kindliche kognitive Entwicklung in einem Maße anzuregen und<br />

zu fördern, um das formal-operative Denken auslösen und entwickeln zu<br />

können. Durch die Sozialisationsforschung der letzten 100 Jahre sei belegt,<br />

dass sich das genetische Entwicklungspotenzial nur dann entfalte, wenn die<br />

kindliche Entwicklung in einem anregen<strong>den</strong>, fördern<strong>den</strong> und fordern<strong>den</strong> Milieu<br />

stattfinde. Nur das moderne Kulturmilieu entfalte die sozialisierende Kraft, um<br />

eine Evokation formal-logischer Operationen auslösen zu können. Vormoderne<br />

Kulturmilieus seien hingegen nicht in der Lage, das abstrakte, diskursive,<br />

reflektierende und formal-logische Denken zu provozieren.<br />

Der sozio-kulturelle Einfluss spiegelt sich auch im Umgang mit Zahlen wider:<br />

„In <strong>den</strong> meisten primitiven Eingeborenengesellschaften gibt es nur die<br />

Zahlwörter Eins, Zwei und seltener die Drei. <strong>Das</strong> nicht mehr Gezählte bekommt<br />

die Bezeichnung ,viele’ oder ,eine Menge’. [...] Über die Zahlworte hinaus wird<br />

der eigene Körper als Zahlschema gebraucht. An der korrekten Abfolge von<br />

Bewegungen wird ein Abzählen vollzogen. [...] Die Zählung hat nur Erfolg, wenn<br />

75 Oesterdiekhoff in Oesterdiekhoff/ Rindermann (2008: 36)<br />

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