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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Ordnung von Raum und Zeit<br />

Regel erstrecken sich einfache Liegen aus Bambusrohren über eine der Seiten<br />

des Hauses, die der Familie als Schlafstatt dienen. Vorne, beim Hauseingang,<br />

schläft die Frau mit den Kindern. Hinten, am Kopfende, der Mann.<br />

Für unsere Betrachtung ist in erster Linie wichtig zu bemerken, daß die Bereiche<br />

von Männern und Frauen im Haus in räumlicher Hinsicht deutlich voneinander<br />

getrennt sind. Ist man sehr streng beim Beachten der Etikette, müßte sich die<br />

Sitzordnung dem Alter bzw. dem Geschlecht entsprechend staffeln. Die kleinsten<br />

Kinder säßen demnach ausschließlich am Fußende des Hauses, nahe beim<br />

Eingang. Kommen erwachsene Frauen oder junge, titellose Männer zu Besuch,<br />

gebührte ihnen eigentlich ein Platz nahe beim oder gar auf dem das Haus durchtrennenden<br />

Baumstamm. In Wirklichkeit werden die unausgesprochenen Vorschriften<br />

sehr viel lockerer gehandhabt und es kommt nicht selten vor, daß die<br />

kleinen Kinder nahe beim transversalen Stamm spielen oder gar in den Bereich<br />

des Vaters hinüberlaufen. In der Regel wird sich die Mutter mit einer kleinen<br />

Ermahnung begnügen und sich dann wieder ihren Tätigkeiten zuwenden. Was<br />

hingegen äußerst streng gehandhabt wird, ist die Trennung der Feuer. Es ist<br />

Frauen und titeltragenden Männern nämlich strengstens verboten, Speisen zu<br />

sich zu nehmen, die auf ein- und demselben Feuer zubereitet worden sind. Aus<br />

diesem Grund muss das Essen für Frauen, Mädchen und titellose Jungen auf<br />

dem Feuer nahe beim Eingang zubereitet werden. Dieses Feuer trägt den Namen<br />

ap tun, das „Feuer ganz hinten“. Die Mahlzeit der titeltragenden Männer hingegen<br />

wird auf dem Feuer am Kopfende des Hauses gegart, das den Namen ap kon<br />

trägt, das „heilige Feuer“. Das bedeutet allerdings nicht, daß eine Frau oder ihre<br />

Kinder nicht für Ihren Mann bzw. Vater kochen dürften. Manchmal kommt es<br />

vor, daß eine Frau für sich bzw. die Kinder einerseits und für ihren Mann andererseits<br />

je eine Mahlzeit zubereitet. Einmal auf ihrem eigenen Feuer und parallel<br />

dazu auf dem Feuer ihres Mannes. Ihr eigenes Feuer darf sie selbst entzünden,<br />

das Feuer ihres Mannes hingegen darf sie zwar nähren oder auf ihm kochen, es<br />

aber nicht entzünden. Ist ihr Mann abwesend, wird sie einen ihrer Söhne ins<br />

Männerhaus schicken um von dort ein von Männern entzündetes Feuer zu holen.<br />

In aller Regel jedoch kocht der Mann für sich selbst und erwartet nur in Ausnahmefällen,<br />

daß seine Frau ihm diese Arbeit abnimmt. Die bei den kastom Sa<br />

vorherrschende Überzeugung der Notwendigkeit einer Trennung der Geschlechter<br />

wird hier sehr deutlich und unterscheidet sie wesentlich von ihren<br />

skul Nachbarn, die diese Form der hierarchischen Aufteilung längst aufgegeben<br />

haben.<br />

Die Männerhäuser sind ausschließlich den bereits beschnittenen Jungen und den<br />

Männern vorbehalten. Wir finden hier einen ganz ähnlichen physischen Aufbau<br />

wie in den Kochhütten, nur werden hier nicht Männer von Frauen getrennt, sondern<br />

die Männer untereinander – abhängig von der Anzahl ihrer erworbenen Titel.<br />

Auch das Innere der Männerhäuser ist durch transversale Baumstämme in<br />

drei bzw. vier Bereiche unterteilt, in deren Mittelpunkt sich je eine Feuerstelle<br />

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