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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Die zweite Geschichte des gol: Revitalisierung durch Tourismus<br />

insofern hervorgehoben werden, als daß nicht Europäer als zahlendes Publikum,<br />

sondern die Einheimischen selbst angesprochen werden sollen, für die das<br />

Turmspringen ein genauso aufregendes, fremdes Spektakel darstellt, wie für<br />

ausländische Touristen. Inzwischen hat sich herumgesprochen, daß Kiliman ein<br />

erfolgreicher und verläßlicher Organisator des Turmspringens ist, weshalb ihn<br />

im Jahre 1973 zwei Regierungsvertreter aufsuchen, die ihn fragen, ob er nicht<br />

anläßlich des Besuches von Queen Elisabeth II. ein gol in Port Vila ausrichten<br />

könne. Kilimann lehnt mit der Begründung ab, das gol sei ein kastom von Pentecost<br />

und daher müsse die Queen nach Point Cross kommen, wenn sie es sehen<br />

wolle. Die beiden Regierungsleute ziehen unverrichteter Dinge wieder ab. Da<br />

man sich aber in Port Vila offenbar darauf versteift hat, der Queen anläßlich ihres<br />

Besuches in den Neuen Hebriden ein gol vorzuführen, kommen Vertreter der<br />

Regierung persönlich nach Point Cross, um erneut mit Kiliman zu verhandeln.<br />

Die Queen könne unmöglich nach Point Cross kommen, so meinen sie, weil die<br />

See dort viel zu rauh sei, um die Königin und ihre Gäste auszubooten. 208 So einigt<br />

man sich schließlich darauf, die Veranstaltung unter der Leitung Kilimans<br />

in der Baie Homo, auf der Leeseite der Insel, durchzuführen. Zweifellos gehört<br />

das Turmspringen anläßlich des Besuches der Queen zu den größten Ereignissen,<br />

die es auf der Insel Pentecost jemals gegeben hat. Die Erinnerungen daran<br />

sind bis heute sehr lebendig geblieben, obgleich sie keineswegs einstimmig vorgetragen<br />

werden.Ein Grund dafür besteht darin, daß dieses gol zu den seltenen<br />

Fällen zählt, bei denen ein Springer, ein junger Mann von der Westküste mit<br />

Namen Mark Sonmak, zu Tode kam, Es ist aufschlußreich hier zunächst einmal<br />

die von Jolly vorgetragene Kommentierung des Geschehens näher zu betrachten:<br />

“Evaluations of external interest in the gol also related to a notorious incident in 1972<br />

(sic!). 209 A group of Melanesian Mission men at Point Cross were persuaded to perform a<br />

land-dive ritual for the occasion of the visit by Queen Elisabeth of England. The kastom people<br />

were horrified at the prospect, since these people had had little experience of constructing<br />

and diving from the tower. Moreover, since this was performed in February, during the wet<br />

season and before the yam harvest, both material and spiritual bases for the timing of the rite<br />

were ignored. Finally it was alleged, that when the Point Cross people erected the tower, the<br />

taboos on associating with women were not completely followed. The most dire predictions<br />

came true. One young man who took a platform half way up the tower, fell to the ground<br />

when both his lianas broke. The Queen was witness to this accident. His spine was broken and<br />

he died in a hospital the next day. The kastom people suggested that the Europeans were at<br />

fault for persuading their Christian brothers to perform like ‘animals’ without correct precautions,<br />

just for the benefit of an alien woman, even one of such elevated rank.” (Jolly<br />

1994a:243)<br />

Diese Version bedarf in mehrfacher Hinsicht der Korrektur. Zunächst sollte anhand<br />

der oben geschilderten Historie des Turmspringens unter der Ägide Kili-<br />

208 Vgl. Kap. 4.2 „la mer sauvage“.<br />

209 Der Besuch der Queen in den Neuen Hebriden fand tatsächlich jedoch im Jahre 1974 statt!<br />

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