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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

nehmen können, daß es erstens Ausnahmen von der Regel gibt, und daß zweitens<br />

diese Übereinkunft eine temporäre ist und man, innerhalb der Grenzen des<br />

Systems, flexibel auf äußere oder innere Veränderungen reagiert. Diese Flexibilität<br />

zeichnet sich heute schon beim Erwerb derjenigen Grade ab, die auf den<br />

ersten mol Titel folgen. Danach konzentrieren sich nämlich manche Männer auf<br />

die besonders prestigeträchtigen abwal und ban Titel während sie die übrigen<br />

mol Titel mit dem Hinweis übergehen, diese könnten sie ja später noch nachholen.<br />

Andere Männer hingegen halten sich streng an die überlieferte Reihenfolge<br />

und sind sehr stolz darauf, zwar möglicherweise langsamer, dafür aber vollständiger<br />

als andere im Titelsystem aufgestiegen zu sein (vgl. Kap. 18.8). Margaret<br />

Jolly führt neben den warsangul Titeln eine Reihe anderer Titel auf, die sie aber<br />

nicht zum eigentlichen warsangul System dazuzählt, sondern als „preliminary<br />

titles“ bezeichnet, die in vorkolonialer Zeit jedoch weit verbreitet gewesen seien<br />

(Jolly 1994a:183ff). Da ein großer Teil dieser Titel heute jedoch praktisch nicht<br />

mehr bekannt ist, geschweige denn, daß sie noch erworben würden, will ich hier<br />

nicht mehr näher darauf eingehen. Statt dessen meine ich, daß die noch existenten<br />

Titel dieser Kategorie, die heutzutage von jedermann erworben werden, zum<br />

eigentlichen warsangul System hinzugezählt werden müssen. Der einzige Unterschied<br />

zwischen den in der Kindheit erworbenen und den späteren Titeln besteht<br />

darin, daß bei den Kindheitstiteln keine aufwendige Zeremonialkonstruktion<br />

errichtet wird und das Ritual insgesamt, so wie es dem sozialen Status der<br />

Initianden entspricht, weniger eindrucksvoll ausfällt. Ich halte dies jedoch für<br />

einen graduellen und nicht für einen substantiellen Unterschied. Dies geschieht<br />

in Übereinkunft mit meinen Informanten, denen es nicht einleuchten wollte,<br />

warum diese Titel nicht Teil von warsangul sein sollten. Schließlich bestehen<br />

diese, wie alle anderen Titel auch, aus der Tötung von Opfertieren sowie der<br />

Überreichung von Geschenken an den Mentor bzw. die Familie der Mutter des<br />

Initianden.<br />

Betrachten wir nun zunächst eine Übersicht aller momentan in Bunlap gebräuchlichen<br />

Titel. Ich setze dabei meine Daten mit denen von Margaret Jolly in Beziehung,<br />

die seit ihrer Erhebung zu Beginn der siebziger Jahre nicht mehr überprüft<br />

worden sind. Im folgenden werden alle 27 Titel in der Reihenfolge vorgestellt,<br />

die die von mir erhobenen Daten nahelegen. Ob bzw. wie in der Praxis<br />

davon abgewichen wird, läßt sich in Kap. 18.8 sehen, wenn wir die Lebens- und<br />

Titelgeschichten einzelner Männer genauer betrachten.<br />

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