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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

könnte. Jolly vermutet, dass der Name von den synonym verwendeten<br />

Begriffen bwenabosis oder papasan stammen könnte, was soviel bedeutet<br />

wie „etwas Öliges". Evtl. ist gemeint, dass der Initiand, bevor die Tänze<br />

beginnen, sich mit Kokosöl einreiben muss (Jolly 1994a:190). An anderer<br />

Stelle erwähnt sie, allerdings ohne es näher zu begründen, daß die Bedeutung<br />

von bosis auch Ferkel lauten könnte (Jolly 1994a:181). Ich stimme<br />

dieser Einschätzung zu und meine, daß man bosis von mbu (Schwein) sus<br />

(saugen) ableiten könnte, was eine Umschreibung für Ferkel darstellt.<br />

Allerdings wird nicht ersichtlich, wie dieser Begriff in Zusammenhang<br />

mit der Zeremonialkonstruktion stehen sollte, da ja in praktisch allen anderen<br />

Fällen ein Bestandteil der Struktur als Namensgeber für den entsprechenden<br />

Titel fungiert. Die magische Konstruktion für bosis ähnelt<br />

derjenigen, die auch bei mwil zum Einsatz kommt, wird aber noch durch<br />

Kokosnußblätter sowie mwil Palmfarnblätter ergänzt. Der Initiand trägt<br />

außerdem ein kleingefaltetes mwil Blatt in seinem Rindengürtel. Einige<br />

Männer aus dem Männerhaus des Initianden haben ein lok vorbereitet, das<br />

am Morgen der Zeremonie gegessen wird. Danach wird getanzt, bevor das<br />

Schlachten bzw. Verschenken der Schweine beginnt, wobei der Neophyt<br />

auch seinen neuen Namen erhält. Der Preis für bosis beträgt zwischen drei<br />

und fünf Schweinen, wovon der Initiand eines oder zwei keult und an einen<br />

Vertreter aus der Familie seiner Frau übergibt (ingik, tarit, bibi usw.).<br />

Die übrigen Schweine erhält der titelgebende Mentor lebend. Nach dem<br />

Ritual muß der Initiand fünf Tage im Männerhaus essen und schlafen.<br />

Erworbenes Privileg: Tragen eines abgeschnittenen und gefalteten<br />

mwil Blattes am Gürtel & neuer Name<br />

11. Mol<br />

tadrimolan<br />

Mol bezeichnet, anders als alle bisherigen Grade, nicht lediglich einen<br />

einzigen Titel, sondern ein Ensemble von insgesamt sieben Titeln. Der<br />

Mol-Zyklus beginnt mit Mol tadrimolan (tadri: Beginn). In der Regel ist<br />

ein Mann, wenn er den Erwerb seines ersten mol Titels in Erwägung zieht,<br />

ein verheirateter Familienvater im mittleren Alter von Ende dreißig oder<br />

Anfang vierzig. Margaret Jolly übersetzt den Begriff mol mit wamul<br />

(Orange). Diese Auslegung deckt sich nicht mit meinen Daten. Orangen<br />

wurden erst vor wenigen Jahrzehnten überhaupt in Pentecost eingeführt<br />

und es ist unwahrscheinlich, daß ein Ensemble so wichtiger Titel nach<br />

einer erst in jüngerer Zeit eingeführten Pflanze benannt worden sein soll.<br />

Meine Informanten konnten die Frage nach dem Ursprung der Bedeutung<br />

jedoch auch nicht ganz eindeutig klären, verwiesen aber auf die folgenden<br />

drei Möglichkeiten, die ich für die linguistisch und logisch plausibleren<br />

halte. Auf der Spitze der zu errichtenden bwelamol Struktur, an der die<br />

Schweine angebunden sind, wird um die Wedel der Kokospalme ein langes<br />

walu mol Blatt gewickelt. 138 Zieht man die Namen der übrigen Titel<br />

vergleichend in Betracht, die, mit Ausnahme von bosis, jeweils auf dem<br />

Namen einer Pflanze, oder doch, etwa bei abwal, mindestens auf der<br />

Form der Zeremonialkonstruktion basieren, ist diese Herleitung einleuchtend.<br />

Eine andere Möglichkeit, den Begriff mol zu übersetzen, lautet „unter“.<br />

Während des mol Rituals bzw. des langen mol Zyklus verbringen die<br />

Festgäste viele Stunden auf dem sara und da ist es angenehm, wenn man<br />

„unter“ großen, schattenspendenden Bäumen tanzt und nicht der prallen<br />

138 Wahrscheinlich Cordyline fruticosa.<br />

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