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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Ordnung von Raum und Zeit<br />

gol bedeutsam sind. Die kastom Sa sind an sich patrilinear und patrilokal organisiert,<br />

Land wird daher vom Vater auf dessen Kinder vererbt, meist ausschließlich<br />

an die Söhne. Mädchen bringen bei ihrer Heirat meist kein Land mit in die<br />

Ehe ein, sondern „nur“ ihre Arbeitskraft, für die jedoch ihr Ehemann der Familie<br />

seiner Frau gegenüber zeitlebens in einer Bringschuld-Situation steht, die durch<br />

regelmäßige Zahlungen beglichen wird (vgl. Kap. 11.2).<br />

10.4 Geordnete Versorgung: Gartenbau, Sammeln, Jagen, Schweinezucht<br />

Bei der folgenden Beschreibung der wichtigsten in Bunlap erzeugten Nahrungsmittel<br />

und deren Erzeugung orientiere ich mich weitgehend an den Beobachtungen<br />

von Barrau (1956) bzw. Muller (1975), die ich jedoch, wo nötig, mit<br />

meinen eigenen Daten ergänze. Wir werden später sehen, daß es notwendig ist,<br />

hier teilweise durchaus detailliert auf einzelne Kultivierungstechniken einzugehen,<br />

weil in Mythen und Symbolen häufig Bezug darauf genommen wird.<br />

Der weiter oben schon kurz geschilderte, fünf- bis zehnjährige Kultivierungszyklus<br />

erstreckt sich v.a. auf die wichtigsten Nahrungsknollen Yams und Taro,<br />

wobei die Brachezeit für Yamsgärten mit drei bis fünf Jahren kürzer ist als die<br />

fünf- bis zehnjährige für die Tarogärten. Der, absolut gesehen, wichtigste Kalorienlieferant<br />

in Bunlap ist Taro (Colocasia esculenta), von den Sa bwet genannt.<br />

Diese Nutzpflanze aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae), wird seit<br />

mehr als 2000 Jahren als Nahrungspflanze kultiviert. Jacques Barrau beschrieb<br />

im Jahre 1956 mehr als 74 verschiedene in Bunlap kultivierte Taroarten (Barrau<br />

1956:181f; Jolly 1994b:63). Taro kann, im Gegensatz zur Yams, das ganze Jahr<br />

über gepflanzt bzw. geerntet werden. Die Anlage von Tarogärten ist in aller Regel<br />

Sache der Kernfamilie, also des Mannes, seiner Frau und den arbeitsfähigen<br />

Kindern ab ca. zehn Jahren. Viele Männer und Frauen haben jedoch auch eigene<br />

Gärten, die sie mitunter völlig allein bewirtschaften. Ein durchschnittlicher Tarogarten<br />

ist in Bunlap etwa 300m 2 groß (vgl. Muller 1975:214), die Größe variiert<br />

jedoch erheblich und hängt von der Zahl der im Garten mitarbeitenden Familienmitglieder<br />

bzw. von der Lebenssituation bzw. dem Ehrgeiz des Familienvorstandes<br />

ab. Ein Mann braucht nämlich zu bestimmten Gelegenheiten große<br />

Mengen an Taro und Yams, etwa anläßlich der Beschneidungsfeierlichkeiten<br />

(taltabwean) seiner Söhne, beim Kauf eines Titels (warsangul), bei der Organisation<br />

eines gol für die Bezahlung der Helfer oder bei einer mas Feier, die aus<br />

einer rituellen Zurschaustellung seiner gartenbauerischen Fähigkeiten und einer<br />

Verteilung von großen Mengen Knollen an befreundete Familien besteht. Die<br />

Arbeit in den Gärten ist immer wieder gleich: zunächst wird der Boden mit Macheten<br />

von Gras, Unkraut und kleineren Büschen bzw. mit Äxten von Sträuchern<br />

und kleinen Bäumen befreit. Das dabei entstehende Pflanzenmaterial wird<br />

dann getrocknet und anschließend zu Füßen größerer Bäume verbrannt, falls<br />

solche vorhanden sind. Diese Prozedur soll die Bäume abtöten und verhindern,<br />

daß diese den jungen Taropflanzen zu viele Nährstoffe entziehen. Die Bäume<br />

selbst läßt man stehen, denn sie spenden später den jungen Pflanzen schützenden<br />

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