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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Ordnung von Raum und Zeit<br />

analog zur Situation in den im, mit der Beachtung derjenigen Tabus, die mit dem<br />

Feuer bzw. der Zubereitung von Speisen zu tun haben. Niemand würde es wagen,<br />

von einem Feuer zu essen, das für ihn tabu ist. Gravierende Konsequenzen,<br />

wie rituelle Reinigung und materielle Entschädigung in Form von Schweinen,<br />

die der Regelübertreter an die Verwandten seiner Frau bezahlen müßte, wären<br />

die Folge.<br />

Die Gegenstände, die in den Männerhäusern zu finden sind, unterscheiden sich<br />

nicht wesentlich von denen in den Kochhütten. Auch in den mal finden sich die<br />

üblichen Kochutensilien, Wasserbehältnisse, Palmwedel zum Feuermachen bzw.<br />

als Liegefläche, Feuerholz, Steine für den Erdofen, Holzgabeln zum Bewegen<br />

der Steine für den Erdofen etc. Als Sitzgelegenheiten dienen auch hier kleine,<br />

roh zusammengezimmerte Holzhöckerchen oder Baumstümpfe. In der Regel<br />

finden sich auf beiden Längseiten niedrige Bänke aus zwei oder drei grob zusammengeflochtenen<br />

Bambusrohren. Da die Männerhäuser der Ort sind, an dem<br />

die Kava getrunken wird, benötigt man eine Vorrichtung, um die rohen Wurzeln<br />

so zerkleinern zu können, daß sich der Wurzelsaft anschließend gut auspressen<br />

läßt. Ursprünglich dienten wohl Korallenstücke mit rauher Oberfläche als eine<br />

Art Raspel. 79 In Bunlap hat man diese sehr zeitaufwendige Prozedur beschleunigt<br />

und hilft sich, indem man lange, hohle Gegenständen als Mörser benutzt.<br />

Das können hohle Baumstämme oder Rohre aus PVC bzw. Metall sein. In jedem<br />

Männerhaus findet sich mindestens ein solcher Mörser, der, zusammen mit dem<br />

dazugehörigen Stößel aus schwerem Hartholz, immer am Fußende des Hauses<br />

steht. Das geräuschvolle Stampfen der Kava wird nämlich als profane Tätigkeit<br />

betrachtet, die in den privilegierteren Bereichen des mal unangebracht wäre.<br />

Mitunter kann es vorkommen, daß sich eine Schlange von drei oder vier Männern<br />

um den Mörser herum bildet, die alle darauf warten, ihre gewaschenen und<br />

zerkleinerten Wurzelteile zerstampfen zu dürfen. Danach begeben sie sich mit<br />

dem Wurzelbrei zu ihren mit kleinen Füßchen versehenen Holzbrettern, auf denen<br />

die Kava zubereitet wird. Die meisten erwachsenen Männer besitzen so ein<br />

Kava-Brett (auf Bislama: natanbea), das in der Regel aus einem Stück geschnitzt<br />

wird und dann viele Jahre in Gebrauch bleibt. Die natanbea werden,<br />

anders als der Mörser, nahe beim mittleren Feuer aufbewahrt bzw. benutzt, denn<br />

die Zubereitung des spirituellen Getränkes verlangt nach einer privilegierten Position<br />

im Raum. Beim Trinken der Kava verlangt die Etikette, daß der Empfänger<br />

sich nach dem Empfang seiner Kokosnußschale voll des leicht bitter<br />

schmeckenden Trankes in den Bereich des Hauses begibt, der seinem Status entspricht.<br />

Erst hier sollte er die Kava auf einmal austrinken. Ein titelloser Junge<br />

übertritt den transversalen Baumstamm und geht ganz nach hinten, zum ap tun,<br />

ein junger Mann mit brang Titel bleibt in der Nähe des ap lon tobol, ein Träger<br />

des hohen meleun Titels wird sich zum ap kon begeben. Nach dem Trinken wird<br />

79 Diese Art der Kavazubereitung findet sich bis heute in den weiter nördlich gelegenen Dörfern<br />

des Sa Gebietes, Santari (St. Henri) oder Ponof (St. Therese).<br />

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