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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Einleitung<br />

Versagen hat mehrere Gründe: einmal mangelnde Fach- und Sprachkenntnisse,<br />

zum anderen unzureichende finanzielle und zeitliche Ressourcen, bzw. der fehlende<br />

Wille, diese für eine gründliche Recherche einzusetzen. TV-Teams und<br />

Journalisten können allein aus diesen<br />

Gründen in aller Regel keine auch nur<br />

annähernd fundierten Recherchen anstellen,<br />

ihre Befunde sind daher, wie<br />

sich noch herausstellen wird, für die<br />

ernsthafte ethnologische Analyse wertlos.<br />

Es sei hier einstweilen festgehalten,<br />

daß auch den „professionellen Bedeutungsvermittlern“<br />

in der Regel nichts<br />

anderes übrigbleibt, als sich von den<br />

einschlägigen Tourguides informieren<br />

zu lassen, bzw. wiederum aus den immer<br />

gleichen Broschüren und Websites<br />

oder den Reportagen ihrer Vorgänger<br />

abzuschreiben. Ein Prozeß, der sich bis<br />

ins Unendliche fortzusetzen scheint. Da<br />

Texte also wiederum Texte generieren,<br />

stößt man auch bei den professionellen<br />

Medienprodukten auf keine signifikant<br />

anderen Interpretationen der Veranstaltung<br />

als die soeben geschilderten. Im<br />

folgenden ein paar Beispiele aus einer<br />

TV-Dokumentation von Jerome Segur (Mitinhaber der französischen Produktionsfirma<br />

ZED), die in mehreren europäischen Ländern zu sehen war, darunter<br />

auch in Deutschland in den Jahren 2005 und 2006 mehrfach im WDR:<br />

„Für mich ist es auch das erste Mal auf dem Sprungbrett und ich springe, weil es alle anderen<br />

tun. Mein Vater sagt, wir sollen nicht dabei nachdenken. Denn wenn du denkst, dann zögerst<br />

du, dann springst du nicht und dann bleibst du ein kleiner Junge.“ (Telkon Warisus in: „Mann<br />

braucht Mut“, ZED 2004)<br />

So läßt man Telkon, einen der im Film portraitierten Jungen, sagen und suggeriert,<br />

daß es sich hier zweifelsfrei um ein Initiationsritual handelt, das gleichzeitig<br />

auch noch der Höhepunkt des Jahres ist:<br />

„Das naghol ist der Höhepunkt des Jahres und wird von allen sehnsüchtig erwartet, denn die<br />

Turmspringer von Bunlap springen leidenschaftlich gern.“ (Kommentartext in: „Mann<br />

braucht Mut“, ZED 2004)<br />

Damit ein Film überhaupt wert ist, im Fernsehen gezeigt zu werden, muß die<br />

gezeigte Veranstaltung, hier das gol, als Höhepunkt im Leben der gezeigten<br />

Menschen beschrieben werden. Im Film geht es nämlich nicht nur um Bilder,<br />

- 25 -<br />

Abb. 6: Ein Junge kurz vor dem<br />

Sprung. (Bunlap, April 2002)

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