VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

Gol - ein kastom der Sa: Das Mitteilbare
Am frühen Vormittag, vielleicht gegen 9:00 Uhr, begeben sich die ersten Männer
zum Turm. Nach und nach werden ihnen weitere folgen, etwas später kommen
auch Frauen und
Kinder hinzu. Bevor die
eigentlichen Sprünge beginnen,
fasern die Springer
die unteren Enden
ihrer vom Turm herunterhängenden
Lianen auf
einer Länge von etwa
einem knappen Meter
auf. Nur so kann ein Vertrauter
des Springenden
diesem kurz vor dem
Sprung die Lianenfasern
um die Knöchel knoten.
185 Auch der Boden
unter dem Turm wird
noch einmal sorgfältig
Abb. 36: Auffasern der Lianen kurz vor dem Sprung.
Bunlap, April 2002.
auf harte, spitze Gegenstände untersucht und diese ggf. entfernt. Jetzt ist auch
der Moment, mit einigen beherzten Hieben mit dem Buschmesser eine Art Terassierung
in den weichen Boden unter dem Turm anzulegen, damit Männer und
Frauen dort, in mehreren Reihen hintereinander, tanzen können. Muller meint,
daß etwa dreißig Minuten vor dem eigentlichen Beginn des Turmspringens ein
Palmfarnblatt auf der Spitze des Turmes befestigt werden müsse (Muller
1971:230). Ich kann diese Behauptung nur teilweise bestätigen. Meine Informanten
haben diese Möglichkeit zwar erwähnt, konnten aber nichts über ihre
Bedeutung sagen.
Das eigentliche Turmspringen beginnt erstaunlich formlos, niemand gibt dazu
ein spezielles Kommando. Wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, springt der
erste kleine Junge von einer der Plattformen der untersten Ebene (lin – Fuß).
Dabei wird ihm ein älterer Bruder, sein Vater oder ein anderer Verwandter oder
guter Freund behilflich sein, genaue Regeln gibt es hier nicht.
185 Dieser Arbeitsschritt kann auch am Tag vorher vollzogen werden, in diesem Fall muß man
die aufgefaserten Enden jedoch in bestimmte Blätter einwickeln, damit sie nicht austrocknen
sondern weich und biegsam bleiben.
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