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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Gol als Ritual? Versuche zur Ritualtheorie<br />

sie es selbst, würde ihr Gesicht anschwellen und sie bald darauf sterben. 272 Im<br />

Gegensatz zu Chief Warisul meint Sali Warara, der älteste Sohn des verstorbenen<br />

Chief Bong, dass seine Frau sehr wohl Yams pflanzen und ernten dürfe,<br />

auch die großen, langen Sorten und zwar an jeder Stelle seiner Gärten. Auch die<br />

älteste Bewohnerin von Bunlap, die etwa neunzig Jahre zählende Mali, Mutter<br />

von Chief Molsmok, meinte, dass Frauen schon immer alle Arten von Yams,<br />

auch die besonders langen, gepflanzt hätten. Allerdings sei dies eine besonders<br />

harte Arbeit, die in der Regel den Männern überlassen werde. Ich selbst habe<br />

mehrfach beobachtet, daß Frauen und Mädchen Yams sowohl geerntet als auch<br />

gepflanzt haben (siehe Abb. 50 & 52). 273 Beide Tätigkeiten sind Frauen, diesen<br />

Auskünften und meinen eigenen Beobachtungen zufolge, also durchaus erlaubt.<br />

274 Insgesamt gesehen ist der Befund jedoch eben nicht ganz eindeutig,<br />

möglicherweise gibt es, wie ich oben gezeigt habe, bestimmte, individuell verhängte<br />

Tabus. Die Frage allerdings, ob die kastom Sa beim Yamsanbau tatsächlich<br />

einen kategorialen Unterschied zwischen Männern und Frauen machen,<br />

würde ich, im Gegensatz zu Jolly, eindeutig verneinen. Auch Muller schreibt<br />

1975:<br />

„Both sexes share in the work of the gardens. The men usually do the more strenuous jobs,<br />

such as clearing, while the women perform the lighter but more monotonous chores, such as<br />

weeding. Either sex can and often does the various jobs at one time or another.” (Muller 1975:<br />

215).<br />

Umgekehrt behauptet Jolly, daß Taro, obwohl im Vergleich zur Yams eindeutig<br />

der wichtigere Nahrungslieferant, von nachrangiger Bedeutung sei. Sie begründet<br />

dies damit, daß Taro in den feuchten, weichen Hochlandböden angebaut<br />

werde, und die Sa sie daher mit dem weiblichen Prinzip assoziierten. Meine Informanten<br />

hingegen bestätigen weder eine angenommene Zweitrangigkeit von<br />

Taro, noch, daß diese ein weibliches Prinzip symbolisiere. Im Übrigen darf man<br />

nicht vergessen, daß die Sa sowohl einen loas na dam für die Yams als auch einen<br />

loas na bwet für die Taro kennen, was m. E. die tatsächliche wie die symbolische<br />

Bedeutung der Taro derjenigen von Yams im Grundsatz vergleichbar<br />

272 Dieses Motiv einer speziellen, durch den Genuß befallener Yams übertragenen Krankheit,<br />

die ein Anschwellen des Gesichtes verursacht und zum Tod führen kann, unterstreicht zweifellos<br />

die Potenz der Yams. Aufgrund des Ausbruches dieser Krankheit, an die bis heute eine<br />

besondere Form der juban Maske, die juban ene bwelantan sumsum erinnert, ging das Priesteramt<br />

des loas na dam vor nicht allzulanger Zeit von der ta ran bwela mwil auf die ta tobol<br />

über. Dieser Vorgang wird nach wie vor erinnert, über die tatsächliche historische Tiefe vermag<br />

ich jedoch keine genaue Aussage zu treffen.<br />

273 Die anwesenden Männer legten großen Wert darauf, daß ich diese Bilder machte, da sie<br />

Jolly’s Behauptung, Frauen dürften keine Yams pflanzen, für absurd hielten und explizit richtigstellen<br />

wollten.<br />

274 Allerdings habe ich tatsächlich nicht selbst gesehen, und kann es daher auch nicht bestätigen,<br />

daß Frauen die sehr mühevolle und spezialisierte Aufgabe des Pflanzens der größten<br />

Yamssorten übernommen hätten.<br />

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