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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Einleitung<br />

EINLEITUNG<br />

Eine Reise gleicht einem Spiel.<br />

Es ist immer etwas Gewinn und Verlust dabei.<br />

Meist von der unerwarteten Seite.<br />

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)<br />

Die Sa im Südosten von Pentecost sind außergewöhnliche Menschen, die etwas<br />

Außergewöhnliches vollbringen. Zwischen März und Mai baut ein Teil der<br />

männlichen Bevölkerung einen bis zu dreißig Meter hohen Turm aus Holz.<br />

Wenn der Turm fertig ist, wird an einem vorher festgelegten Tag ein großes Fest<br />

gefeiert, in dessen Mittelpunkt das Turmspringen steht: zwischen zehn und fünfzig<br />

Jungen, Burschen und Männer springen kopfüber von verschiedenen Höhen<br />

des Turmes herunter. Dabei werden sie lediglich von zwei um die Fußknöchel<br />

gebundenen Lianen vor dem Aufschlagen auf dem Erdboden bewahrt. Die Lianen<br />

müssen exakt die richtige Länge besitzen, damit die Springenden nicht zu<br />

Schaden kommen. Nach dem Sprung werden sie von ausgewählten Männern in<br />

Empfang genommen und von ihren Lianen losgeschnitten. Je nachdem wie elegant<br />

ihr Sprung ausgefallen ist, bzw. von welcher Höhe sie gesprungen sind,<br />

werden sie von Männern, Frauen und Kindern, die aus verschiedenen Dörfern<br />

der ganzen Region zum Zuschauen gekommen sind, mehr oder weniger stark<br />

bejubelt. Der letzte Springer hat sich die höchste Plattform reserviert, sein<br />

Sprung markiert den Höhepunkt der Veranstaltung. Ihm gilt die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />

aller Anwesenden und sein Sprung wird, wenn er erfolgreich geglückt<br />

ist, minutenlang stürmisch gefeiert. Mitunter gibt es bei ungeschickten<br />

Springern und zu schwach dimensionierten Sprungbrettern oder Lianen auch<br />

Verletzungen, die sogar tödlich sein können. In den Wochen nach dem gol wird<br />

der hölzerne Turm Stück für Stück abgetragen. Das Baumaterial dient als<br />

Brennholz, wird zum Hausbau verwendet oder verrottet einfach. Im darauffolgenden<br />

Jahr beginnt der Turmbau dann von neuem, ein neues Fest wird gefeiert.<br />

Sowohl der Bau des Turmes als auch der Turmsprung selbst ist, man kann es<br />

sich kaum klar genug machen, eine beinahe unfaßbare Angelegenheit und hat in<br />

der Welt, wenn man von den Errungenschaften der modernen Freizeit- und<br />

Flugzeugtechnik einmal absieht, nicht seinesgleichen. Das staunende Davorstehen<br />

vor diesem phantastischen „Spektakel“ mündet schon bald in Fragen, denen<br />

es auf den Grund zu gehen lohnt: Was hat das alles zu bedeuten? Um was für<br />

eine Veranstaltung handelt es sich hier? Warum nehmen die Sa diese große und<br />

riskante Aufgabe auf sich? Woher kommt dieser Brauch? Wer „erfindet“ so etwas?<br />

Welche Beziehungen gibt es zwischen dem Akt des Turmspringens und<br />

anderen Phänomenen der Sa Kultur? Was läßt sich über die historische Entwicklung<br />

des Phänomens sagen?<br />

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