VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

Gol - ein kastom der Sa: Das Mitteilbare
digen ihm mit ihren Kroton-Blättern. Auch Frauen dürfen sich dem Turm nun
nähern, das Spektakel ist vorbei und Frauen stellen nun keine Gefahr mehr für
ihn mehr dar. Nach dem
Höhepunkt können
bedeutende warsangul
oder die Chiefs noch die
Gelegenheit nutzen, zu
den vielen Anwesenden
zu sprechen. Es gibt
kaum eine andere Gelegenheit,
bei der ähnlich
viele Sa zusammenkommen,
wie anläßlich eines
großen gol. Wer immer
etwas zu sagen hat und
sich Gehör verschaffen
will, wird jetzt eine
Abb. 44: Bong Aya nach seinem Sprung vom Kopf des gol.
Niemand in Südpentecost ist jemals häufiger gesprungen.
(Bunlap, April 2002)
große Zuhörerschaft
haben. Anschließend
wird man noch etwas
von dem extra zubereiteten lok, oder andere Speisen, direkt vor Ort zu sich
nehmen um dann langsam ins Dorf zurückzukehren, wo schon bald die Kava-
Mörser zu hören sein werden. Noch lange wird man an diesem Abend – die
Männer im Männerhaus, die Frauen und Kinder in den Kochhütten – beisammensitzen
und über die Ereignisse dieses großen freudigen Tages sprechen.
13.7 Lieder und Tänze
Man könnte meinen, daß die beim gol gesungenen Lieder etwas mit der Entstehungsgeschichte
des Brauches zu tun haben, sich vielleicht auf den gol Mythos
beziehen oder an vergangene Turmspringen erinnern. Dies alles ist zunächst
nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich bei den Liedtexten um Alltagsbeobachtungen,
Geschichten von der Lohnarbeit auf fremden Inseln, Ereignisse während
der Gartenarbeit oder beim Fischen etc. Die Lieder enden, gemessen an unserem
eigenen dramaturgischem Empfinden, eher unvermittelt, ohne besonderen Höhepunkt,
Pointe oder Moral. Einige Informanten meinten sogar, entscheidend sei
lediglich, ob Melodie und Text dafür geeignet sind, in einer immer drei Schritte
hin- und herwiegenden Bewegung zu tanzen. Wenn ein Lied zu Ende geht, beginnt
einer der erfahreneren älteren Männer im richtigen Moment mit dem nächsten,
so daß zwischen den einzelnen Gesängen in der Regel keine Pause entsteht.
An dieser Stelle ist auch zu bemerken, daß die Lieder ausschließlich von den
Männern gesungen werden, während die Frauen lediglich tanzen und pfeifen.
Betrachtet man das soeben Gesagte, so könnte man meinen, daß es vollkommen
unerheblich sei, welche Lieder gesungen werden. Bei genauerem Hinsehen er-
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