VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

Symbolische Dimensionen des gol. Versuch einer Analyse
eindrücklich symbolisiert: oft steht ein in der Hierarchie bedeutender Mann, im
Jahre 2002 war es Chief Warisul, zu Füßen des Turmes und empfängt „seine“
Kinder, wie eine Mutter, mit weit ausgebreiteten Armen. Der Akt des Turmspringens
entspricht daher, betrachtet man den Befund der Mythen- und Symbolanalyse
zusammen, einer künstlichen Geburt von Jungen und Männern durch
das Kollektiv aller anderen Männer des Dorfes und bestätigt eindrucksvoll und
unmißverständlich die Autochthonie der Männer, ja stellt sie als soziale Wirklichkeit
de facto her. Obwohl es sich, vordergründig betrachtet, beim gol um eine
ausgesprochen männliche Veranstaltung handelt, ist die Anwesenheit der
Frauen bei der Zurschaustellung dieses Wunders männlicher Autochthonie absolut
unerläßlich, ihnen gilt das Spektakel nämlich in mindestens ebenso hohem
Maße, wie den Männern selbst. Sie sollen, ja, müssen sich von den besonderen,
prokreativen Fähigkeit ihrer Männer mit eigenen Augen überzeugen. Indem sie
mit roten Kroton Blättern, die sie wie einen Säugling im Arm halten, auf das
Bild der Männer „antworten“ bzw. „reagieren“, nehmen auch sie symbolisch
eindeutig Bezug auf das Motiv der „Geburt“. 253
Abb. 46: Frauen tanzen während eines gol. Sie wiegen rote Kroton Blätter
wie einen Säugling in ihren Armen. (Bunlap, April 2002)
253 Die Videoanalyse zeigt, daß immer dann, wenn ein Junge oder Mann erfolgreich gesprungen
ist und darauf wartet, losgeschnitten zu werden, die Frauen ihre entsprechenden wiegenden
Tanzbewegungen verstärken.
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