VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Grundlagen der Kulturgeschichte Vanuatus 3. Grundlagen der Kulturgeschichte Vanuatus Der Schauplatz des Turmspringens ist die Insel Pentecost in Vanuatu. Obwohl in mancherlei Hinsicht an der Peripherie gelegen, ist Pentecost – sind auch die übrigen Inseln Vanuatus – keineswegs „aus der Welt“, sondern „Inseln der Geschichte“, um ein Wort von Marshall Sahlins aufzugreifen (Sahlins 1992). Um den Boden für das Folgende zu bereiten, lenke ich nun kurz meinen Blick auf die historischen Rahmenbedingungen. Diese Vorrede ist schon deshalb notwendig, da wir verstehen müssen, wie es zur Entwicklung von kastom gekommen ist, was kastom heute bedeutet und welchen äußeren Einflüssen die kastom Sa ausgesetzt sind. Wir wissen nicht genau, wie die ersten Menschen, die ihren Fuß auf eine der Inseln des heutigen Vanuatus setzten, ausgesehen haben, welche Kultur und Sprache sie mitbrachten. Nur eines kann man mit Gewißheit sagen: aus der zentralen Position des Archipels, das knapp vier Jahrtausende lang Durchzugsgebiet für sehr verschiedene Bevölkerungsgruppen war, resultiert eine komplexe kulturelle Situation, die zwar eine gewisse Ordnung erkennen läßt, in sich aber überaus vielfältig bleibt. Ich schließe mich der Beurteilung von José Garanger, einem der führenden Archäologen der Region an, der es für eine zu starke Vereinfachung hält, die Bewohner Vanuatus schlicht unter dem Oberbegriff „Melanesier“ zu subsumieren (Garanger 1996:10). Wie bereits an anderer Stelle gezeigt (<strong>Lipp</strong> 2006) plädiere ich für den Begriff „Neumelanesien“, weil Vanuatu höchstwahrscheinlich von Menschen besiedelt wurde, die eine kulturelle, sprachliche und phänotypische Mischung aus der negriden Urbevölkerung Neuguineas einerseits und Austronesiern andererseits darstellten. Etwa drei Jahrtausende nach der Erstbesiedlung kam vor allem im Süden und in der Mitte des Vanuatu Archipels auch ein anhaltender Kontakt mit Polynesiern aus Fidschi und Tonga hinzu. Dies läßt sich etwa durch linguistische Evidenzen veranschaulichen: Zum einen sind die westpolynesischen Sprachen Tonganisch und Niueanisch am nächsten mit denen Neumelanesiens verwandt, zum anderen werden in Vanuatu neben neumelanesischen auch drei polynesische Sprachen gesprochen: Emae, Mele-Fila und Futuna Aniwa. - 42 -
Grundlagen der Kulturgeschichte Vanuatus Abb. 8: Karte der Republik Vanuatu - 43 -
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