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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Gol als Ritual? Versuche zur Ritualtheorie<br />

9. Bebe Telkon<br />

Alter:<br />

Buluim:<br />

Status:<br />

Kinder:<br />

Position im Dorf:<br />

Kurzer Abriß der<br />

Lebensgeschichte:<br />

Anzahl der Titel<br />

insgesamt:<br />

Anzahl der Turmsprünge<br />

gesamt:<br />

davon ban (Schulter):<br />

davon butun<br />

(Kopf):<br />

Aufstieg im Titelsystem:<br />

ca. 24 Jahre<br />

ta remlili<br />

ledig<br />

keine<br />

Bebe versucht, als Geschäftsmann und Politiker in die Fußstapfen seines Vaters Chief<br />

Telkon zu treten. Er ist ein guter Redner, der trotz seines jugendlichen Alters und seines<br />

geringen warsangul Grades häufig im Männerhaus spricht. Er dürfte der wirtschaftlich am<br />

erfolgreichsten agierende Mann in Bunlap sein. Bebe Telkon verkörpert einen gänzlich<br />

neuen Typus innerhalb der kastom Gruppe. Er kümmert sich nur noch marginal um einen<br />

Aufstieg im warsangul System und ist in erster Linie an seinem eigenen ökonomischen<br />

Erfolg interessiert, auch wenn der zu Lasten der Gruppe gehen sollte. Den bi pis legt er nur<br />

noch zu ganz besonderen Anlässen an.<br />

Als Bebe etwa 7 Jahre alt war, ging er nach Point Cross, wo zu dieser Zeit Molbua mit<br />

seiner Familie wohnte. Einige andere Kinder aus Bunlap waren kurz vorher ebenfalls nach<br />

Point Cross gezogen, um dort in die Schule zu gehen. Bebe meint, dass diese Kinder hin<br />

und wieder in den Schulferien nachhause gekommen seien und vom Leben in der Schule<br />

erzählt hätten: dass man dort Fußball spielen könne, nicht in den Garten gehen müsse und<br />

sich jeden Tag waschen könne. Vor allem sein Vater, Chief Telkon, drängte ihn dann, die<br />

Schule zu besuchen und übernahm die Schulgebühren, damals 1000 Vatu pro Trimester.<br />

Bebe blieb 6 Jahre in Point Cross. Zu Beginn des 6. Jahres entstanden jedoch Spannungen,<br />

weil Molbua angeblich Boden bearbeitete, der ihm nicht gehörte (s.o.). Bebe und ein anderer<br />

Junge aus Bunlap wären, so wird berichtet, von einer aufgebrachten Menge fast gelyncht<br />

worden, weil sein Bruder Warisus Wabak aus Point Cross im Streit um die Landrechte<br />

mit einer Machete schwer verletzt hatte. Als sich die Situation etwas beruhigt hatte,<br />

konnte Bebe nach Bunlap fliehen. Er beendete die Schule in Ranwas und ging danach ins<br />

Vila City College auf der Hauptinsel Efate, wo er bei seinem Vater Chief Telkon unterkam.<br />

Er blieb fünf weitere Jahre in Vila, ging aber vor der Vollendung des zehnten Schuljahres<br />

von der Schule ab und kehrte nach Bunlap zurück. Weil Bebe englisch lesen, schreiben und<br />

sprechen kann, ist er, trotz seines noch jugendlichen Alters, der verlängerte Arm von Telkon<br />

in Bunlap. Seine Aufgabe besteht vor allem darin, sich um die Touristen und Filmcrews<br />

zu kümmern, die sein Vater ins Dorf schickte. Alle paar Monate fährt Bebe nach<br />

Vila, um sich dort zu „amüsieren“. Im Jahre 2002 machte er, mit einem Teil des Geldes,<br />

das das Dorf mit den beiden Turmspringen verdient hatte, dort z.B. seinen Führerschein.<br />

Bebe hat viele Pläne: er würde gerne ein Boot kaufen, um den Kavatransport zu vereinfachen.<br />

Auch ein Auto wäre gut meint er, aber ein Auto würde zuviel kosten und die Strassen<br />

würde ja nicht bis nach Bunlap reichen. Inzwischen hat Bebe außerdem einen kleinen Laden,<br />

in dem er u.a. Schnaps und Bier verkauft, was ein sehr einträgliches Geschäft darstellt.<br />

Bebe ist der vielleicht einzige Mann in Bunlap, der sich praktisch ausschließlich als Geschäftsmann<br />

betrachtet. Eigene Gärten hat er im Grunde nicht mehr. Im November 2004<br />

gelang es ihm, aufgrund der Unterstützung seines Vaters und seines Bruders Warisus, ins<br />

Provinzparlament gewählt zu werden. Er bezieht nun drei Jahre lang ein festes Einkommen<br />

und wird sicher lich versuchen, seine Machtbasis schrittweise zu erweitern.<br />

7<br />

9<br />

2<br />

0<br />

Bislang eher langsam, was jedoch seinem beinahe kometenhaften politischen Aufstieg<br />

keinerlei Abbruch tut.<br />

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