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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

spenden, im günstigsten Fall bis zu mehreren tausend Vatu. Zwar ist diese Entschädigung<br />

eine willkommene finanzielle Zuwendung, einen wirklich entscheidenden<br />

materiellen Vorteil stellt sie jedoch nicht dar. Denkbar ist aber der Fall,<br />

daß ein loas aufgrund seiner lebenssichernden Aufgaben leichter einen wohlgesonnenen,<br />

potenten Mentor findet, der ihm bei seinen Schritten im warsangul<br />

System zur Seite zu steht. Tatsächlich waren im Jahre 2004 alle loas in Bunlap<br />

gestandene Männer mit überdurchschnittlich vielen Titeln. Die einzige Ausnahme<br />

stellte ausgerechnet der loas na dam dar. Dieses so wichtige Amt wurde im<br />

Jahr 2004 von dem 24-jährigen Tho Melsul ausgeübt, der es gerade erst von seinem<br />

Vater übernommen hatte. Die Verantwortung der neuen Aufgabe lastete<br />

sichtbar auf dem stillen und ernsthaften jungen Mann, der zudem gerade erstmals<br />

Vater geworden war. Ob ihm sein wichtiges Amt tatsächlich, zumindest<br />

indirekte, Vorteile im warsangul System verschaffen kann, muß sich in den<br />

nächsten Jahren noch zeigen.<br />

Jolly meint, loas Titel könnten in besonderen Fällen auch ge- bzw. verkauft<br />

werden. Mir ist zumindest ein solcher Fall bekannt geworden, der schon sehr<br />

lange zurückliegt, von dem aber immer wieder gesprochen wird. Demzufolge<br />

befand sich nämlich das loas na dam Amt ursprünglich in den Händen der lon<br />

bwela mwil. 152 Eine Erzählung besagt jedoch, daß der Yams unter der Aufsicht<br />

eines loas aus der bwela mwil buluim nicht gut gewachsen sei, ja sogar eine bestimmte<br />

Krankheit entwickelt habe, die dazu führte, daß Gesicht und Hände anschwollen<br />

und der Yams ungenießbar wurde. 153 Deswegen habe man sich entschlossen,<br />

das Amt des loas na dam an einen Mann aus der ta tobol buluim zu<br />

verkaufen, wo es bis heute verblieben ist. Einige loas verfügen, so sagt man,<br />

auch über die besondere Fähigkeit, die Fruchtbarkeit nicht nur des Bodens, sondern<br />

auch der Menschen zu befördern, indem sie etwa bestimmte Liebeszauber<br />

kennen, oder aber den Frauen die Entbindung erleichtern können (vgl. auch Jolly<br />

1994a:214).<br />

Zusätzlich zu den erblichen loas Priesterämtern gibt es noch eine zweite Art<br />

magischen Wissens. Wer solches Wissen kennt und anwendet, Mann oder Frau,<br />

ist ein abile, ein Zauberer. 154 Zauberer kennen böse Geister und wissen, welche<br />

Heilpflanzen gegen sie helfen. Sie können Regen machen, Erdbeben und Flut-<br />

152<br />

Ich werte diese ursprüngliche Verbindung zwischen dem loas na dam Titel und den bwela<br />

mwil Leuten als weiteres Indiz für meine These, daß Vertreter dieser buluim die eigentlichen<br />

Gründer von Bunlap waren.<br />

153 Diese Krankheit wird dargestellt in der juban ene bwelantan sumsum Maske, die anläßlich<br />

des juban Rituals getanzt wird.<br />

154 Tattevin beschreibt die Aufgaben der loas detailliert beschreibt und nennt sie magicien<br />

(z.B. 1927b:412). Zwar wendet der loas zweifellos magische Techniken an, ich halte jedoch<br />

in diesem Falle den Begriff Priester für angemessener. Seine Amt ist institutionalisiert, seine<br />

Aufgaben klar umrissen und werden ausschließlich zum Wohle des bonum commune eingesetzt.<br />

Die abile hingegen, richten ihre Kräfte nicht selten aus sehr persönlichen Gründen gegen<br />

Andere, weswegen ich, der besseren Unterscheidung halber, den Begriff Zauberer verwende.<br />

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