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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Prolog<br />

menschlich wichtig war, mit ihnen sprechen zu können. Außerdem aber noch<br />

aus einem anderen, viel banaleren Grund: da ich bereits bei meinem ersten Aufenthalt<br />

im Jahre 1997 den akuten Mangel an medizinischer Versorgung festgestellt<br />

hatte, beschloß ich, bei meinen nächsten Aufenthalten eine provisorische<br />

Krankenstation einzurichten und jeden Morgen eine gute Stunde lang Patienten<br />

auf die häufigsten Krankheiten zu behandeln. 10 Ein großer Teil meiner Patienten<br />

waren Frauen, die mir ihre Kinder brachten und hier blieb ohnehin nur Sa als<br />

Verständigungsmöglichkeit übrig, was anfangs mühsam war, später aber immer<br />

besser funktionierte und mir indirekt sowohl zu einem besseren Kontakt zu den<br />

Frauen verhalf als auch meine Sprachkenntnisse entscheidend voranbrachte.<br />

Wie setzt sich das von mir erhobene Material zusammen? Im Feld füllten sich<br />

rasch mehrere Tagebücher mit zusammen mehreren hundert Seiten Notizen: Alltagsbeobachtungen,<br />

nachträglich aufgezeichnete Gesprächseindrücke, Zeichnungen<br />

geographischer und mythischer Topographien, Transkriptionen von Liedern<br />

und komplexen mythischen Geschichten. Die zugrundeliegenden Gespräche<br />

wurden, wie oben bereits genauer ausgeführt, in Bislama oder Sa geführt<br />

und handschriftlich aufgezeichnet oder direkt in einen kleinen, sehr hilfreichen<br />

Psion Revo Computer eingegeben, der sich auch deswegen überaus bewährt hat,<br />

weil er monatelang durch eine handelsübliche Hauhaltsbatterie mit Energie versorgt<br />

werden konnte. Diese Tagebuchnotizen werden in dieser Arbeit häufig herangezogen<br />

und vermitteln hoffentlich lebhafte und unmittelbare Beschreibungen<br />

konkreter Vorgänge. 11 Die während der Feldforschung getätigten, audiovisuell<br />

festgehaltenen Interviews wurden praktisch alle in Bislama erhoben und<br />

auf DVCAM oder DVCPRO Videobänder aufgezeichnet, die ich anschließend<br />

transkribierte. Ich selbst habe die in dieser Arbeit herangezogenen Interviewsequenzen<br />

aus dem Bislama oder dem Sa übersetzt und dabei einige Glättungen<br />

vorgenommen, die m. E. den Sinn nicht verändern, aber zur besseren Lesbarkeit<br />

beitragen. So wurden z.B. manche Wiederholungen ausgelassen oder Gedankensprünge<br />

nachträglich korrigiert. Man hätte hier sicher auch anders vorgehen<br />

können, indem man sich etwa der die Gesprächssituation exakt beschreibenden<br />

und die Gesprächsverläufe sehr genau sequenzierenden Methode der „rekonstruktiven<br />

Sozialforschung“ von Ralf Bohnensack bediente (Bohnsack 1999).<br />

Auch die Transkriptanalyse, zunächst hauptsächlich von Psychologen und Linguisten<br />

angewandt, scheint in jüngster Zeit auch in der Ethnologie auf Anklang<br />

zu stoßen (zur Transriptanalyse vgl. Hymes 1973; ders. 1985; Zur Anwendung<br />

in der Ethnologie vgl. Sherzer 1983; Kuipers 1990; Rodemeier 2006). Ich habe<br />

diese Techniken nicht angewandt und werde an späterer Stelle noch meine<br />

10 Im Regelfall waren dies Krätze, tropische Beulen, Zahnschmerzen, Rheuma und Wunden<br />

aller Art.<br />

11 Solche Passagen werden, in leicht geglätteter Fassung und evtl. mit Anmerkungen bzw.<br />

Literaturhinweisen versehen, in einem kleineren Schriftgrad wiedergegeben, um dem Leser<br />

eine bessere Orientierung zu ermöglichen.<br />

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