20.11.2013 Aufrufe

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Gol - ein kastom der Sa: Das Mitteilbare<br />

dung bereits erahnt werden kann. Zwar ist der Turmbau eine körperlich anstrengende Tätigkeit,<br />

aber zweifellos gibt es schwerere Arbeiten in Bunlap, als diese. Die Baumeister nehmen<br />

kaum eine irgendwie übergeordnete Position ein, jedenfalls ist eine solche auf den ersten<br />

Blick nicht zu erkennen. Warisus übernimmt als Organisator auch einen guten Teil der praktischen<br />

Bauleitung. Er gibt beim Hochziehen und Befestigen einzelner Stämme lautstarke<br />

Kommandos und bringt auch selbst vollsten körperlichen Einsatz. Die übrigen Baumeister<br />

helfen an anderen Stellen des Turmes oder begutachten den Baufortschritt, indem sie am abschüssigen<br />

Fußende des gol stehen und Anweisungen geben, wie neue Stämme in das bereits<br />

bestehende Gerüst eingefügt werden sollen, damit dieses die richtige Form erhält.<br />

Der Turmbau selbst begann am 23.04. und war bereits am 29.04. beendet, wurde also, trotz<br />

schlechten, regnerisch kalten Wetters, in nur einer Woche bewerkstelligt. Während der ersten<br />

Phase des Baues, nämlich der Errichtung des Turmes selbst, aber vor dem Anbringen der<br />

Plattformen bzw. Lianen, sind insgesamt nur etwa zwischen fünfzehn und zwanzig Jungen<br />

und Männer beteiligt gewesen. Teilweise waren auch die kleineren Kinder dieser Männer zugegen<br />

und spielten am Fuße des Turmes, wo sie hin und wieder von älteren Jungs, die bereits<br />

aktiv am Turmbau teilnahmen, gehänselt wurden und dann weinend zu ihren Vätern im Turm<br />

aufblickten. Die Aufgabe des Organisators Warisus besteht, neben den oben beschriebenen<br />

Tätigkeiten, außerdem in der Bereitstellung von mehreren Sack Reis und manchmal auch von<br />

Makrelen mit Tomatensoße in Dosen. Beides wird mit dem kleinen Rest meines Geldes bezahlt,<br />

das den Weg nach Bunlap doch noch gefunden hat. In der Regel treffen sich die am Bau<br />

Beteiligten am späteren Nachmittag nach getaner Arbeit in den Männerhäusern, um dort gemeinsam<br />

Kava zu trinken und dann zu Abend essen.<br />

(<strong>Thorolf</strong> <strong>Lipp</strong>. Bunlap, Juni 2002)<br />

13.2 Auswahl des Bauplatzes und Durchführung des Turmbaus<br />

Weder in der Literatur noch bei meinen eigenen Beobachtungen konnte ich feststellen,<br />

daß irgendwelche anderen Materialien zum Turmbau herangezogen<br />

werden, als das, was der Wald bereithält: Holz, Lianen und Rindenstreifen. Die<br />

Bearbeitung der Baustoffe wird mit den auch sonst täglich im Einsatz befindlichen<br />

Buschmessern aus Stahl bewerkstelligt, die seit etwa drei Generationen die<br />

früher üblichen Steinwerkzeuge verdrängt haben (vgl. Muller 1971: 222).<br />

Frauen und Mädchen sind vom Bauprozess gänzlich ausgeschlossen und dürfen<br />

sich dem Turm nicht nähern. Beim Bau der beiden Türme im Jahr 2002 wurde<br />

mit gekreuzten mwil Palmfarnwedeln ein Tabu über den jeweiligen Weg zum<br />

Bauplatz verhängt, so dass Frauen einen Abstand von ca. zweihundert Metern<br />

einhalten mußten. Meines Wissens gab es keine Überschreitung dieses Tabus.<br />

Das Verbot, dem Turm zu nahe zu kommen, gilt nicht nur für einheimische<br />

Frauen, auch meine Partnerin Martina durfte während des Turmbaus nicht zugegen<br />

sein. Margaret Jolly hatte ebenfalls berichtet, daß man ihr bei einem Turmspringen<br />

verboten hatte, sich dem Turm zu nähern (1994b). Allerdings will Muller<br />

beobachtet haben, daß einheimische Frauen bis auf etwa 18 Meter an den<br />

Turm herankommen durften, während er andererseits berichtet, daß es ihnen<br />

verboten wurde, das Waldstück zu betreten, in denen die Männer das Holz für<br />

den Turmbau fällten (Muller 1971:226). Ein anderes Tabu besteht darin, so Muller,<br />

daß die am Turmbau beteiligten Männer sich jeglicher sexuellen Handlung<br />

- 213 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!