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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Die zweite Geschichte des gol: Revitalisierung durch Tourismus<br />

mans deutlich geworden sein, daß er als Organisator und Baumeister keineswegs<br />

ein unerfahrener Eleve war, sondern sich bereits seit 1955 einen über die Grenzen<br />

Südpentecosts hinausgehenden Ruf als gol Baumeister und Organisator erworben<br />

hatte, weswegen man überhaupt auf ihn aufmerksam geworden war.<br />

Überdies arbeitete Kiliman seit dieser Zeit ständig mit denjenigen Männern aus<br />

Bunlap zusammen, die mit ihm vor zwanzig Jahren nach Point Cross gekommen<br />

waren und dort zur Melanesien Mission konvertierten. Trotzdem sie nun also<br />

skul sind, müssen diese Männer auch noch als warsangul betrachtet werden, wie<br />

z.B. aus dem kastom Namen Watas Molpos hervorgeht. 210 Auch andere Männer<br />

aus Bunlap beteiligten sich immer wieder an verschiedenen, von Kiliman in<br />

Point Cross organisierten Turmspringen. Zwischen den kastom Leuten in Bunlap<br />

und Kiliman im anglikanisch toleranten Point Cross hat also, ausnahmsweise,<br />

offenbar durchaus so etwas wie ein Technologietransfer stattgefunden. Was Jolly<br />

ebenfalls nicht erwähnt ist ein Umstand, den mir sowohl Chief Warisul als<br />

auch Kiliman selbst bestätigt haben. Dieser unterbreitete Chief Bong aus Bunlap<br />

nämlich das Angebot, er solle sich mit seinen Männern am Bau des Turmes beteiligen.<br />

Bong habe jedoch abgelehnt, da ihm die dafür angebotene Geldsumme<br />

zu gering erschienen war. Gebaut wurde der Turm letzten Endes dann von Männern<br />

aus verschiedenen Dörfern in ganz Südpentecost, darunter Sarop, Point<br />

Cross, Wanur und Pangi. Schließlich arbeiteten aber doch auch einige Männer<br />

aus Bunlap mit, indem sie, wie es sich gehört, ihre eigenen Sprungbretter errichteten.<br />

Es kann also keine Rede davon sein, daß die kastom Leute vom geplanten<br />

gol zu Ehren der Queen „geschockt“ waren, oder gar die Ansicht vertreten hätten,<br />

ihre skul Brüder sollten wie „Tiere“ vorgeführt werden. Eher schon könnte<br />

man, nach zehn oder fünfzehn von Kiliman veranstalteten kommerziellen Turmspringen,<br />

von „business as usual“ sprechen, dies auch deswegen, weil mehrere<br />

Männer aus Bunlap als aktive Springer teilnahmen, darunter Warimul Moltagau,<br />

der sogar vom Kopf des Turmes sprang. 211 Richtig ist, daß es einen tödlichen<br />

Unfall gab, über den heute noch geredet wird. Kiliman selbst meint, Mark sei<br />

gestorben, weil die Holzstreben, die seine Plattform gehalten hätten, nicht wie<br />

vorgesehen als Sollbruchstelle fungierten und daher den Sturz nicht abfedern<br />

konnten. Wieder andere sagen, es sei grundsätzlich falsch gewesen, mit Hosen<br />

statt in bi pis zu springen. Der alte Betu Malsalus aus Bunlap hält dem allerdings<br />

entgegen, es würde überhaupt nichts ausmachen, ob man mit Hosen springe<br />

oder nicht, schließlich seien Hosen in den 50er, 60er und 70er Jahren eben<br />

üblich gewesen, jeder sei in Hosen gesprungen und Unfälle nicht vorgekommen.<br />

Einige Informanten sind der Überzeugung, dass Mark eine Art verbotenen Ta-<br />

210 Wer bis zu dem Erwerb eines mol Titels in einem kastom Dorf gelebt hat, wird mit einiger<br />

Sicherheit an einigen gol als Springer, zumindest aber als Baugehilfe oder gar Baumeister<br />

teilgenommen haben.<br />

211 Ursprünglich hatte Luke Warisul Mwilwayang, ein Mann aus Pohurur, der dann jedoch<br />

konvertierte und in Ranwas zur Schule gegangen war, von ganz oben springen sollen. Nach<br />

dem verunglückten Sprung von Mark Sonmak trat er jedoch zurück und überließ Warimul<br />

Moltagau den letzten Sprung.<br />

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