20.11.2013 Aufrufe

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die zweite Geschichte des gol: Revitalisierung durch Tourismus<br />

mit dem „Le Meridien“, erstmals ein Turmspringen in Bunlap für zahlende Touristen<br />

veranstaltet, zu dem zwischen fünfzig und achtzig Gäste mit einem gecharterten<br />

Schiff kommen. Im darauffolgenden Jahr wiederholt man das erfolgreiche<br />

Experiment und Bunlap richtet, zusammen mit Lonbwe, ein weiteres gol<br />

aus. Da man sich in Lonbwe gegen einen Besuch der Fremden im eigenen Dorf<br />

entschieden hat, baut man den Turm in der Nähe des Strandes von Baie Barrier,<br />

an einem Platz, der Ranliwaiiep genannt wird. Auch hier erscheint eine ganz<br />

stattliche Anzahl Touristen per Schiff. Inzwischen haben die Leute von Bunlap<br />

zwei Bungalows am Strand bei Ranon errichtet, damit die Besucher unter sich<br />

bleiben können und nicht, wie im Jahr zuvor, in privaten Häusern im gut zwei<br />

Stunden Fußmarsch entfernten Bunlap übernachten müssen. Im Jahr 1974 wird<br />

dann das dritte gol veranstaltet, diesmal in Pangpanglap. Auch jetzt wieder<br />

übernachten einige Touristen in den beiden Bungalows, in denen insgesamt<br />

Platz für zwanzig Gäste ist. Im darauffolgenden Jahr gibt es wiederum ein<br />

Turmspringen in der Nähe von Lonbwe. Zwar liegen mir keine Zahlen vor, aber<br />

auch diese Veranstaltungen müssen, den Berichten meiner Informanten zufolge,<br />

leidlich erfolgreich bzw. gut besucht gewesen sein. Allerdings werden zu dieser<br />

Zeit zwei Probleme immer deutlicher. Erstens ist man zu sehr vom Wetter abhängig.<br />

Die See an der Südostküste von Pentecost ist, aus Gründen, die ich in<br />

Kap. 6.2 bereits geschildert habe, unberechenbar und an vielen Tagen im Jahr<br />

kann kein Schiff die Baie Barrier anlaufen. Zum anderen erweist sich die Unterbringung<br />

der Besucher, die auf einen gewissen Komfort nicht verzichten wollen,<br />

als problematisch. Die Bungalows sind nach mehreren Jahren schadhaft geworden<br />

und es rentiert sich nicht, sie für zwei bezahlte Nächte pro Jahr in bewohnbarem<br />

Zustand zu halten. Deswegen findet zu dieser Zeit, es muß im Jahr 1975<br />

gewesen sein, ein großes öffentliches Treffen der warsangul auf dem Tanzplatz<br />

in Bunlap statt, bei dem diskutiert wird, ob man nicht besser in Zukunft gol für<br />

zahlende Touristen auf der Westseite der Insel veranstalten solle, statt im abgelegenen<br />

Bunlap selbst. Einige Männer sind streng dagegen, darunter Watas<br />

Molmas, der im Jahre 2000 verstorbene Vater meines Freundes Moses Watas.<br />

Molmas meint, die skul Leute auf der Westseite besäßen Kopra- und Kakaoplantagen,<br />

um Geld zu verdienen, die Männer aus Bunlap dagegen hätten ausschließlich<br />

das gol 215 . Es sei nicht klug, das Turmspringen auf die Westseite zurückzubringen,<br />

da es dann nicht lange dauern würde, bis die skul Dörfer sich die wesentlichen<br />

Techniken aufs Neue aneignen würden und dann selbständig Turmspringen<br />

veranstalteten. In das abgeschiedene Bunlap, das ansonsten über keinerlei<br />

Einnahmequellen verfüge, würden dann keine Touristen mehr kommen,<br />

weil der Weg viel zu weit bzw. die See zu rauh sei. Nach einer langen und hefti-<br />

215 Zu dieser Zeit gab es weder innerhalb der Neuen Hebriden, noch von außerhalb, durch die<br />

internationale Pharmaindustrie, einen substantiellen Bedarf an Kava, der „cash income“ hätte<br />

generieren können. Auch der Tourismus war nicht annähernd so entwickelt wie heute, so daß<br />

der Verkauf von Handarbeiten ebenfalls wenig einträglich war. Da die kastom Dörfer keine<br />

Kopraplantagen hatten, blieb ihnen als Einkommensquelle in der Tat nur das gol, oder die<br />

Annahme von bezahlter Arbeit in Port Vila oder Santo.<br />

- 275 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!