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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Gol als Ritual? Versuche zur Ritualtheorie<br />

5. Bebe Presin Jackson<br />

Alter:<br />

Buluim:<br />

Status:<br />

Kinder:<br />

Position im Dorf:<br />

Kurzer Abriß der<br />

Lebensgeschichte:<br />

Anzahl der Titel<br />

gesamt:<br />

Anzahl der Turmsprünge<br />

gesamt:<br />

davon ban (Schulter):<br />

davon butun<br />

(Kopf):<br />

Aufstieg im Titelsystem:<br />

ca. 45 Jahre alt<br />

ta tobol<br />

verheiratet mit Jibe aus der buluim<br />

6 Kinder<br />

Mäßig geachteter Mann, der keine besonderen politischen oder wirtschaftlichen Ambitionen<br />

hat. Etwas stigmatisiert, aufgrund eines früheren Gefängnisaufenthaltes. Gilt als<br />

ängstlich.<br />

Bebe hatte als etwa fünfzehnjähriger Junge ein dreizehnjähriges Mädchen mit Namen<br />

Maju verführt. Ihr Vater informierte daraufhin die Polizei in Malakula (Lakator). Diese<br />

war gekommen und hatte Bebe nach einem kurzen Gerichtsverfahren zu mehreren Monaten<br />

Haft verurteilt. Er wurde nach Malakula gebracht und mußte dort im Gefängnis<br />

seine Strafe absitzen (prison wird im Bislama zu presin, und als Bebe später Teul wurde,<br />

gab er sich den Beinamen presin, den er bis heute behalten hat. Jedermann in Bunlap und<br />

Umgebung kennt ihn unter diesem Namen). Presin hatte im Gefängnis Bislama gelernt<br />

und war bei seiner Rückkehr zum jungen Mann gereift. Da er in Malakula die skul Welt<br />

kennengelernt hatte, ging er nach seiner Rückkehr in Ranwas zur Schule, wo man ihn auf<br />

den Namen Jackson taufte. Nach etwa zwei Jahren wollte der Vater seines dortigen Mentors,<br />

Tom, ein Mädchen für Presin finden, aber der Vater des Mädchens, Johnson, lehnte<br />

das Gesuch ab. Daraufhin wollte Presin nicht länger in Ranwas bleiben und ging nach<br />

Bunlap zurück. Presins Vater Melsul war offenbar nicht allzusehr daran interessiert,<br />

seinem Sohn beim Erlernen des gol behilflich zu sein. So verging Jahr um Jahr ohne dass<br />

Presin je vom gol gesprungen wäre. Als er schließlich schon etwa 18 Jahre alt geworden<br />

war, bat er seinen Vater, ihm nun doch einmal beim Bau einer Plattform behilflich zu<br />

sein. Da er aber schon so alt war, wollte er nicht mit den anderen sechs- oder achtjährigen<br />

von ganz unten springen und errichtete eine Plattform etwas unterhalb der Mitte.<br />

Als der Tag des gol gekommen war, bereitete er sich auf den Sprung vor, zögerte aber<br />

offenbar so lange, dass sein Vater ungeduldig wurde und ihm von hinten einen Stoß gab.<br />

Unten angekommen weinte Presin, der sich zwar nicht ernsthaft verletzt hatte aber<br />

schlecht gesprungen war, und einen gehörigen Schrecken bekommen hatte. Wari Bumangari<br />

vail, ein tsik von Presin, war sehr ärgerlich mit dessen Vater Melsul, weil dieser<br />

den bereits zu alten und zu schweren Jungen heruntergestoßen hatte. Dies sei unverantwortlich,<br />

der Junge sei schon zu alt und zu schwer, als daß man ihn wie ein kleines Kind<br />

behandelte. Und wenn er sich verletze, koste es außerdem Geld, wenn er ins Krankenhaus<br />

müsse. Seitdem ist Presin nie wieder gesprungen. Er sagt offen, daß er zuviel Angst<br />

hat. Sein Sohn Bong (16) hingegen ist ein begeisterter Springer, der mit seinen jungen<br />

Jahren schon von sehr weit oben im Turm springt.<br />

11<br />

1<br />

0<br />

0<br />

Etwas unterdurchschnittlich. Zahl der getöteten Schweine eher gering, Auswahl der<br />

Mentoren aus dem engeren Familienkreis, sehr häufig der leibliche Vater.<br />

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