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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

12. Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

Einer meiner besten Freunde in Bunlap, Moses Watas, entgegnete mir einmal<br />

auf eine Frage, warum er etwas so und nicht anders mache, andere Männer wiederum<br />

in derselben Angelegenheit ganz anders handelten als er, die einfache<br />

Parole: „I stap long evri man, from man hemi master long life blong hem“ – „Es<br />

hängt von jedem selbst ab, denn ein Mann ist der Herr seines Lebens“. Dieser<br />

Satz hat sich mir tief eingeprägt, weil er in der Tat einen treffenden Einblick in<br />

das „Ethos“ der Sa gewährt. 116<br />

Ich meine, zwei Bedeutungen in Moses Feststellung erkennen zu können. Nur<br />

eine davon wird explizit deutlich, die andere bleibt implizit, weswegen ich sie<br />

hier noch nicht behandeln möchte. Explizit wird hier die Betonung von persönlicher<br />

Selbstbestimmung deutlich: Wie ein Mann sein Leben gestaltet, was er daraus<br />

macht, geht nur ihn alleine etwas an. Ein Mann, so suggeriert Moses, ist nur<br />

sich selbst gegenüber verantwortlich, er kann tun und lassen, was er für richtig<br />

hält. Ganz so einfach liegen die Dinge in Wirklichkeit jedoch nicht, denn natürlich<br />

steckt im Begriff „master“ auch die Vorstellung, daß man bestimmte Herausforderungen,<br />

vor die einen Gesellschaft und Umwelt stellen, auch zu meistern<br />

in der Lage ist. Ich meine, daß es für einen Mann verschiedene, teils entkoppelte<br />

Möglichkeiten gibt, ein vollwertiges Mitglied der kastom Sa Gemeinschaft<br />

zu werden. Besondere Macht jedoch erlangt man nur, wenn man möglichst<br />

viele der im folgenden geschilderten Wege der persönlichen Entfaltung<br />

kennt und auch beherrscht. Der bloße Erwerb von warsangul Titeln allein reicht<br />

dazu keineswegs aus. Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten, sich zu bewähren,<br />

andere für sich zu gewinnen, Macht zu erlangen: erbliche religiöse Titel,<br />

Heilkräfte und Magie, wirtschaftliche Potenz, rhetorische Fähigkeiten und<br />

politisches Geschick oder auch Mut, etwa im Krieg oder beim gol. Stellen wir<br />

uns also im folgenden Kapitel die Frage, was einen Mann zum master long life<br />

blong hem macht, welche Fähigkeiten das in seiner Gesamtheit unausgesprochene,<br />

aber doch implizit allgemein anerkannte Ethos der Sa voraussetzt, damit sich<br />

ein Mann zu einer ausgereiften Persönlichkeit und vielleicht sogar zu einem<br />

mächtigen warsangul entwickeln kann. 117<br />

116 Wenn ich hier den Begriff „Ethos“ verwende, beziehe ich mich dabei zunächst auf Foster<br />

(1965) und Geertz (1973). Ich kann an dieser Stelle nicht genauer auf die Diskurse eingehen<br />

sondern verweise dazu vielmehr auf den dritten Teil dieser Arbeit.<br />

117 Aus Gründen, die ich weiter oben schon teilweise geschildert habe, muß ich die Frauen<br />

hier fast vollkommen beiseite lassen. Meine Kenntnis ihrer Lebenswelt ist nicht ausreichend<br />

um ihre emische Perspektive auf die Dinge darzulegen. Ich gebe überdies zu bedenken, daß<br />

auch Jolly, obwohl sie ja ausdrücklich ein Buch über die Frauen in der kastom Gesellschaft<br />

geschrieben hat, fast ausschließlich auf männliche Informanten zurückgreift und männliche<br />

Lebenswelten schildert bzw. analysiert.<br />

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