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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Symbolische Dimensionen des gol. Versuch einer Analyse<br />

17. Symbolische Dimensionen des gol. Versuch einer Analyse<br />

Was für den Begriff des Mythos gesagt wurde, gilt analog auch für den des<br />

Symbols (von altgriechisch µ „Zeichen“, „Emblem“, „Sinnbild“,<br />

„Bild“): die Vereinbarungen darüber, was darunter zu verstehen ist, sind keineswegs<br />

eindeutig. Ich kann die entsprechenden Diskurse hier allerdings nicht<br />

einmal ansatzweise entfalten, sondern will lediglich versuchen, in aller Kürze zu<br />

skizzieren, in welchen Grenzen ich den Begriff verwenden werde.<br />

Legt man einen basalen Symbolbegriff zugrunde, sind damit allgemein Bedeutungsträger<br />

(Wörter, Gegenstände, Vorgänge etc.) gemeint, die eine Vorstellung<br />

von etwas evozieren sollen, das nicht gegenwärtig sein muss. Symbole gehören,<br />

das würden wohl alle Forscher, die damit befaßt sind, bestätigen, wesentlich<br />

zum Menschsein dazu, denn die Welt ist durchgehend und überall von Symbolen<br />

durchzogen. Ganz grundsätzlich können Symbole deswegen als „Symbol“<br />

bezeichnet werden, weil andere in der Lage sind, sie zu verstehen. Schon hier<br />

jedoch endet die Übereinkunft, denn warum Menschen Symbole verstehen können<br />

und wie das funktioniert, ist Gegenstand erbitterter Auseinandersetzungen.<br />

Da ich in dieser Arbeit religionswissenschaftliche mit ethnologischer Theorie in<br />

Beziehung setzen will, soll hier am Beispiel des gol die grundsätzliche Frage<br />

aufgeworfen werden, ob Symbole Bedeutungsträger von Vorstellungen sind, die<br />

jenseits von Raum und Zeit bestehen, und an denen der Mensch lediglich partizipiert,<br />

wie es etwa Mircea Eliade behaupten würde, oder ob Symbole letztlich<br />

unendlich wandelbar sind, dann aber auch ausschließlich auf der Folie eines<br />

spezifischen „lokalen Wissens“ gelesen werden können, wie es z.B. die Symbolische<br />

Ethnologie, etwa mit Clifford Geertz oder Victor Turner, vertritt.<br />

Forscher wie C. G. Jung, Rudolf Otto, Mircea Eliade oder Joseph Campbell<br />

bauen auf einer Philosophie auf, derzufolge die „Idee“ an den Anfang des Denkens<br />

gestellt werden muß. 246 Damit beziehen sie sich auf Platon, für den jedes<br />

246 Claude Lévi-Strauss muß hier gleichfalls erwähnt werden, weil er mit seiner Formel<br />

„Nicht die Gesellschaft bringt Symbolik hervor, sondern die Symbolik Gesellschaft“ die<br />

grundsätzliche Richtung dieses Denkens beibehalten, ihm aber doch seinen ganz eigenen<br />

Ausdruck verliehen hat. Er macht nicht die Vorstellung einer göttlichen Idee oder eines Urbildes<br />

zum Ausgangspunkt seiner Untersuchungen, sondern sucht nach den allen Erscheinungen<br />

zugrundeliegenden Strukturen, die solche Symbole hervorbringen. Hinter den äußeren<br />

Formen der verschiedenen Ebenen des sozialen Lebens, also auch den Symbolen, verbirgt<br />

sich eine bestimmte Anzahl an Modellen, die gemeinsam eine Modellfamilie bilden. Der Anthropologe<br />

muß versuchen diese Modelle auf einer Ebene zu erfassen, die so tief reicht, daß<br />

man sicher sein kann, daß sie, in welchem kulturellen Rahmen sie auch immer auftreten,<br />

gleichbleiben (Lévi-Strauss 1977; 1980). Die Organisation von Wirklichkeit basiert letztlich<br />

auf einer Struktur, die durch alle Transformationen der einzelnen Modelle dieser Struktur<br />

immer gleich bleibt. Dabei sind die einzelnen Modelle des Systems miteinander verbunden.<br />

Ändert man ein Merkmal eines Modelles, transformiert man dieses Modell zwar in ein anderes<br />

Modell, nach wie vor ergibt die Gesamtheit der Modelle aber das immer gleich bleibende<br />

System. Auf dieser erkenntnistheoretischen Grundlage betrachtet Lévi-Strauss das Symbol.<br />

Geht man tief genug, findet man die Universalität der Symbole. Lévi-Strauss hält die Verneinung<br />

der Möglichkeit, diese den Symbolen zugrundeliegende Ordnung entdecken und ent-

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