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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Gol - ein kastom der Sa: Das Mitteilbare<br />

13. Gol – ein kastom der Sa: Das Mitteilbare<br />

In den nächsten Kapiteln wende ich mich nun konkret der Betrachtung des gol<br />

zu. Zunächst möchte ich feststellen, daß es bei der Untersuchung des Phänomens<br />

m.E. zwei Ebenen gibt, die unterschieden werden müssen. Die erste Ebene<br />

setzt sich aus expliziten Mitteilungen meiner Informanten und verifizierbaren<br />

Tatsachen zusammen, weshalb ich sie „das Mitteilbare“ nennen möchte. Behandeln<br />

werde ich im einzelnen: Daten zur Bautechnik, Organisation und Ablauf<br />

der Veranstaltung, begleitende Lieder und Tänze, verbriefte historische Veränderungen<br />

und Wandlungen. Ich beziehe mich dabei in erster Linie auf meine<br />

eigenen Daten aus den Jahren 1997, 2002 und 2004, greife aber zu Vergleichszwecken<br />

auch auf das gesamte veröffentlichte wissenschaftliche Material zurück.<br />

164 Vor allem der Text von Muller (1971) läßt hier einige aufschlußreiche<br />

Vergleiche zum gol Anfang der 70er Jahre zu. Der zweiten Ebene, die ich das<br />

„Nicht-Mitteilbare“ nenne, werde ich mich erst später, im dritten Teil dieser Arbeit<br />

widmen, wo es der Entschlüsselung, Exegese, Analyse bzw. „Erfindung“<br />

von Kultur (vgl.Clifford 1983:121) bedarf. Bleiben wir nun jedoch auf der Ebene<br />

der ethnographischen Beschreibung und betrachten „das Mitteilbare“.<br />

Zunächst eine grundsätzliche Anmerkung: bei Jolly hören wir, daß gol soviel<br />

bedeutet wie „Körper“ (Jolly 1994a:237f; 1994b:134). Da der Turm tatsächlich<br />

nach den einzelnen Teilen des Körpers benannt ist (s. Abb. 28; vgl. auch Muller<br />

1971:226), habe ich dieser Interpretation lange Zeit zugestimmt. Erst bei meinem<br />

dritten Forschungsaufenthalt in Bunlap im Jahre 2004 stellte sich heraus,<br />

daß gol zumindest kein direktes Äquivalent des Begriffes „Körper“ darstellt. Die<br />

Sa kennen vielmehr keinen speziellen Begriff für einen abstrakten „Körper“.<br />

Vielmehr wird der Begriff tarbe- (Körper), immer mit einem Possessivpronomen<br />

versehen, also z.B. tarbe-k, „mein-Körper“, tarbe-m, „Dein Körper“, tarben<br />

„sein Körper“ etc. Tarbe-k ma-karat „mein Körper schmerzt“. 165 Hingegen<br />

fiel es meinen Sa-Informanten durchaus schwer, die Bedeutung des Wortes gol<br />

anzugeben oder gar etymologisch zu begründen. Manche Männer meinten, dass<br />

gol bzw. golgol sich indirekt auf die warsangul Rituale beziehe. „Kit metea<br />

ebalsi ngane warsangul mere golgol” bedeutet übersetzt soviel wie „Wir gehen<br />

und schauen, ob der Initiand seinen warsangul Titel auch ordentlich bezahlen<br />

wird.“ Golgol bezeichnet hier die in einer Reihe angepflockten Opferschweine.<br />

Um sie zu sehen, kommen viele Männer. Chief Warisul und andere wiederum<br />

meinen, dass kol oder auch kolkol ursprünglich aus dem Norden des Sa Gebietes<br />

stamme, also aus Rantas/Santari, und soviel bedeute wie „spielen“. Es gibt zwar<br />

eine Unterscheidung im Sa zwischen g und k, aber auch die Sa selbst scheinen<br />

sich (soweit ich das beurteilen kann) bezüglich der Aussprache mitunter nicht<br />

ganz sicher zu sein. Heute ist das Wort kol auch in Bunlap gebräuchlich. Ir kol<br />

164 vgl. Tattevin 1915-1931; Johnson & Johnson 1955; Guiart 1956b; Muller 1971; Jolly<br />

1979; 1994a; 1994b; de Burlo 1996, Ryman 1998.<br />

165 Mitunter erhält man bei Fragen nach einem Wort für „Körper“ auch das Sa Wort für<br />

Mensch, antun, zur Antwort.<br />

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