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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Die zweite Geschichte des gol: Revitalisierung durch Tourismus<br />

und Boden aus. Der Veranstaltungsort liegt direkt an der Strasse, nur eine knappe<br />

halbe Stunde vom Flugplatz entfernt, was Zeitverluste und Organisationsschwierigkeiten<br />

minimiert. Darüber hinaus mischt er sich, teils auch federführend,<br />

nach wie vor in andere gol Veranstaltungen ein und versucht, unliebsame<br />

Konkurrenz, in letzter Zeit vor allem den um Eigenständigkeit bemühten Lorang<br />

aus Rangusuksu, vom Markt zu verdrängen.<br />

14.5 Chief Telkon: gol in Bunlap 1976 - 2004<br />

Chief Telkon ist, wie wir gerade gesehen haben, seit den 70er Jahren einer der<br />

wichtigsten Akteure bei der Revitalisierung des gol. Zwischen 1976 und den<br />

frühen 1990er Jahren findet man ihn, mit wechselnden Partnern, in fast allen<br />

Orten von Südpentecost als Veranstalter, Organisator und Baumeister. Seit den<br />

80er Jahren büßt er jedoch, offenbar aufgrund seiner nicht immer zuverlässigen<br />

Geschäftsmethoden, sukzessive an Vertrauen ein. In den 90er Jahren zieht er<br />

sich von der aktiven Mitarbeit an den Turmsprüngen als Organisator und Baumeister<br />

weitgehend zurück und kultiviert seine Fähigkeiten als Veranstalter.<br />

Spätestens seit Ende der 80er Jahre erkennt Telkon nämlich, daß es wesentlich<br />

einträglicher ist, mit der Vermittlung von TV-Teams statt mit der Organisation<br />

und Bauleitung für ein paar wenige Individualtouristen Geld zu verdienen. Er<br />

macht konkret die Erfahrung, daß Fernsehcrews, wenn sie schon nach Vanuatu<br />

kommen, sehr viel Geld für Bilder auszugeben bereit sind, in der die vermeintlich<br />

letzten „traditionell lebenden Wilden“ ein „archaisches Ritual“ aufführen.<br />

Wir haben ja bereits gesehen, daß der Versuch, „normale Touristen“ nach Bunlap<br />

zu holen, aufgrund der entlegenen Lage sich als schwieriges und unsicheres<br />

Unterfangen herausgestellt hat. TV-Teams hingegen sind viel eher bereit, auch<br />

das lernt Telkon, manche Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen. Im Gegenteil<br />

reizt die Filmemacher der Gedanke, einen möglichst entlegenen Ort aufzusuchen,<br />

von dem man annehmen kann, dort noch „ursprüngliche“ Kultur vorzufinden.<br />

216 Seit der Unabhängigkeit kooperiert Chief Telkon mit dem Cultural<br />

Center das als eine Art inoffizielles Kultusministerium eine einflußreiche Institution<br />

in Vanuatu ist. Wann immer Anfragen von TV-Sendern kommen, ruft<br />

man Telkon, damit er, als politischer und traditioneller Vertreter der kastom<br />

Gemeinschaft von Südpentecost darüber entscheidet, ob ein Kontakt nach Bun-<br />

216 Ohne hier zu weit abschweifen zu wollen: diese Annahme ist schon seit mehreren Jahrzehnten<br />

überholt und inzwischen geradezu naiv. Meine Erfahrungen aus 10 Jahren ethnographischer<br />

Filmproduktion ist die, daß geographische Entlegenheit heutzutage keineswegs mehr<br />

zivilisatorische Unberührtheit bedeutet, wofür Bunlap ein gutes Beispiel ist. Hier gibt es zwar<br />

keine Individualtouristen, wohl aber geben sich die TV-Teams die sprichwörtliche Klinke des<br />

extra für sie eingerichteten Gästehauses in die Hand. Bei der Produktion unserer TV-Reihe<br />

„Mythen der Südsee“ in teils wirklich extrem entlegenen Gegenden Ozeaniens, die nur per<br />

Schiff zu erreichen sind, waren wir niemals das erste Filmteam. Hingegen ist es uns mehrfach<br />

passiert (Bunlap in Vanuatu; Kontu in PNG, Yap in Mikronesien), daß zeitgleich mit uns ein<br />

oder zwei andere TV-Crews vor Ort drehten.<br />

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