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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Titel, Magie, Geld, Rhetorik, Mut: Bemerkungen zum Ethos der Sa<br />

über den mütterlichen Verwandten einnimmt, denen man ja, aufgrund der lo sal<br />

Bindungen, ein Leben lang zu Ausgleichszahlungen verpflichtet ist (Jolly<br />

1994a:108). Ich kann diese Überlegung hier nicht vertiefen, will aber noch einen<br />

weiteren, wie ich meine sehr stimmigen Hinweis, über die unzweifelhaft vorhandene<br />

Beziehung zwischen dem zu dem Begriff wot gehörenden linguistischen<br />

Ensemble und deren Beziehung zu Aspekten der Fruchtbarkeit im Allgemeinen<br />

bzw. der Gebärmutter im Besonderen verdeutlichen. Es gibt bei den Sa<br />

die Vorstellung, daß der tsik, also der Mutterbruder, eine besondere Fähigkeit<br />

hat, die Fruchtbarkeit der Töchter seiner Schwester (alak) zu kontrollieren. In<br />

dem Moment, in dem der MB diese Verpflichtung ausübt, nennt man ihn uot,<br />

die linguistische Verbindung zum oben bezeichneten Ensemble liegt dabei auf<br />

der Hand. Zur Verdeutlichung dieser These möchte ich nochmals an die bereits<br />

erwähnte Geschichte der Heirat von Mani und Sali erinnern, die gestattet wurde,<br />

obwohl das Mädchen an sich noch zu jung für eine Schwangerschaft schien.<br />

Hier nun verfügen die Sa über eine Institution, die sich in das gerade erwähnte<br />

Bild des besonderen Verhältnisses von Männern und Fruchtbarkeitssymbolik<br />

sowohl linguistisch als auch symbolisch nahtlos einfügt. Im Fall von Mani trat<br />

der tsik ins Spiel, es hendelts sich um Lala Watas, der in dieser speziellen Funktion<br />

uot 125 genannt wird. Er legt seine Hand auf den Bauch seiner alak (ZD),<br />

spricht leise ein Verbot aus und verhindert damit, daß sie schwanger wird. Ein<br />

oder zwei Jahre später, wenn man meint, daß das Mädchen nun im richtigen Alter<br />

ist und Kinder bekommen kann, wiederholt er das Ritual. Wiederum berührt<br />

er ihren Bauch oder auch ihre Schulter und hebt das Verbot mit ein paar leise<br />

ausgesprochenen Worten auf. Noch deutlicher wird die besondere Stellung des<br />

uot, wenn man weiß, daß er seiner Nichte auch Land überlassen kann. Ein in<br />

meinen Augen weiterer, deutlicher Hinweis auf nach wie vor starke matrilineale<br />

Elemente bei der Konstruktion von Verwandtschaft. Wir werden später noch<br />

darauf zurückkommen.<br />

Die Titelrituale bestehen, neben dem Keulen der Schweine, das den eigentlichen<br />

Höhepunkt darstellt, aus einer Reihe von vorbereitenden bzw. begleitenden Tänzen.<br />

Weil auch hier Bilder entfaltet werden, die für eine vollständige Betrachtung<br />

des Titelsystems bzw. zum Verständnis der Sa Gesellschaft insgesamt, unverzichtbar<br />

sind, möchte ich hier, vor der genauen Beschreibung der Titel selbst,<br />

kurz darauf eingehen. 126 Das von mir zur Analyse herangezogene Material be-<br />

125 Es wäre zu überprüfen, ob man hierin auch linguistisch einen Veweis auf die Gebärmutter<br />

ableiten kann.<br />

126 Allerdings werden nicht bei jedem Titelerwerb alle hier genannten Tänze aufgeführt, Manche<br />

niedrigen Titel können sogar ganz ohne die begleitende Tanzsequenz erworben werden.<br />

Diese einfacheren Verfahren werden tasni genannt und sind mir für die Titel teul tasni und<br />

brang tasni bestätigt worden. Häufig werden innerhalb einer einzigen Tanzsequenz zwei oder<br />

mehr Initianden gleichzeitig gefeiert, vor allem, aber nicht ausschließlich dann, wenn es sich<br />

um niedere Titel handelt. Tattevin spricht ebenfalls von „abgekürzten Ritualen“, erwähnt jedoch<br />

den Begriff tasni nicht (Tattevin 1927c:566)<br />

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