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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Gol - ein kastom der Sa: Das Mitteilbare<br />

die mehrfach um einen benachbarten Baum gewickelten Lianen zu spannen, ist<br />

ein halbes bis ein Dutzend Männer notwendig. Bei den von mir im Jahre 2002<br />

beobachteten Türmen waren sechs bzw. neun solcher Abspannungen zu verzeichnen.<br />

Die Größe der Türme, gol abri wie gol abwal, kann sowohl in der<br />

Höhe als auch in der Breite variieren. Zwei von mir im Jahr 2004 besichtigte gol<br />

abri auf der Westseite der Insel, in Lonauwepin und Panas, erreichten nur eine<br />

Höhe von etwas über zwölf Metern 179 bei einer Fundamentgröße von weniger<br />

als drei mal drei Metern. Der erste von mir im Jahr 2002 in Bunlap beobachtete<br />

Turm wies ein Fundament von etwa drei mal drei Metern auf und erreichte eine<br />

Höhe von geschätzten 18 Metern. Der zweite Turm war hingegen mit einem<br />

Fundament von deutlich über drei mal drei Metern und einer Höhe von geschätzten<br />

vierundzwanzig Metern deutlich breiter und höher. Da das französische<br />

Filmteam der Firma ZED von Beatrice Chaniel begleitet wurde, die als Begleiterin<br />

von Kal Muller 1969/70 mehrere Monate in Bunlap verbracht hatte,<br />

ergab sich die Möglichkeit, sie über Form und Größe der Turmes im Abstand<br />

von dreißig Jahren zu befragen. Dabei stellte sich heraus, daß die Höhe des<br />

Turmes in etwa der entsprach, die Chaniel, zusammen mit Muller bereits 1970<br />

beobachtet hatte (vgl.a. Muller 1971:221). Allerdings, so meinte sie, sei der<br />

Turm des Jahres 2002 deutlich schmaler gewesen und auch die Sprungbretter<br />

seien mit geringerem Abstand voneinander errichtet worden, so daß die einzelnen<br />

Springer kaum noch aufrecht hätten stehen können. Ihre Beobachtung deckt<br />

sich mit den Angaben von Muller, der ja von vier mal vier Metern Fundamentgröße<br />

gesprochen hatte und könnte auch mit der folgenden Begebenheit korrespondieren,<br />

die sich beim zweiten Turmbau des Jahres 2002 zugetragen hat:<br />

Tagebuchnotizen zum Bau des zweiten Turmes im Jahr 2002 in Bunlap<br />

Der Bauplatz befindet sich nur knapp 600 Meter oberhalb des Dorfes, nahe den aktuell bepflanzten<br />

Yamsgärten. Da es ja bereits zuvor ein gol gegeben hat, beschließen die Männer,<br />

das Bauholz dieses Turmes erneut zu verwenden, so es noch brauchbar ist. Das ist in Bunlap<br />

zwar noch niemals vorgekommen, scheint aber auch nicht auf Widerstand zu stoßen. So hat<br />

man nach knapp zwei Tagen Arbeit den alten Turm abgerissen und mehrere hundert Stämme,<br />

Lianen und Rindenmaterial vom etwa 500 Meter entfernten ersten Bauplatz herangeschafft.<br />

Zusätzlich ist auch noch neues Holz geschlagen worden, denn dieser Turm soll höher werden<br />

als der erste. Nach drei Tagen Arbeit ist der Platz gerodet und das Baumaterial liegt bereit.<br />

Der „Organisator“ des Turmes ist auch diesmal Warisus Telkon, der als solcher auch als einer<br />

der Hauptprotagonisten des Filmes in Erscheinung tritt. Während er noch damit beschäftigt<br />

ist, den „ersten“ Baum des Turmes zu fällen, eine Begebenheit, die die französischen Filmemacher<br />

in ihren Film integrieren wollen, die aber, angesichts der Tatsache, daß ein großer Teil<br />

des Bauholzes von einem schon verwendeten Turm stammt, Makulatur ist, haben sich einige<br />

ältere Männer, erfahrene Turmspringer, darunter Betu Malsalus, Melsul Bumangari Atelu und<br />

Sali Molkat, bereits Gedanken über das Fundament des Turmes gemacht und die Positionen<br />

für die wichtigsten Grundpfeiler auf dem sauber gerodeten Boden angezeichnet. Als Warisus,<br />

gefolgt vom Kamerateam, den Bauplatz betritt, auf dem sich in diesem Moment so gut wie<br />

179 In Ermangelung eines entsprechend langen Maßbandes bin ich mehrfach auf die Türme<br />

hinaufgeklettert und habe so versucht, mit meiner Körpergröße als Maßstab, eine Messung<br />

der Höhe vorzunehmen.<br />

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