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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Die zweite Geschichte des gol: Revitalisierung durch Tourismus<br />

wird. 226 Im Gegenzug müssen Filmcrews eine Gebühr bezahlen, die der Arbeit<br />

des Cultural Centres und damit der Bewahrung des kulturellen Erbes zugute<br />

kommt. Von allen Formen des Tourismus ist den gol-Veranstaltern das Geschäft<br />

mit TV-Teams am liebsten. Diese sind nämlich bereit, die mit Abstand höchsten<br />

Summen zu bezahlen und es handelt sich bei den Crew-Mitgliedern in der Regel<br />

um eine überschaubare Anzahl an körperlich fitten Gästen, deren An- und Abreise<br />

bzw. Aufenthalt sich gut koordinieren läßt. Überdies läßt sich an TV-<br />

Teams, die meist mehrere Tage oder gar Wochen vor Ort zubringen wollen bzw.<br />

müssen, noch Unterbringung und Verpflegung teuer verkaufen. Auch hier sind<br />

die Preise im Prinzip verhandelbar, weil sie sich ohnehin immer weit in der Gewinnzone<br />

der Veranstalter bewegen, wie folgendes Beispiel zeigt: Als ich im<br />

Jahre 2002 im Rahmen meiner Feldforschung über das gol auch einen Film drehen<br />

wollte, kostete es mich zwei Tage zäher Verhandlungen mit Chief Telkon in<br />

Vila, einen für mich überhaupt bezahlbaren Preis herauszuhandeln. Mit der Hilfe<br />

von Jacob Sam und Ralph Regenvanu vom Vanuatu Cultural Center gelang es<br />

mir, für mich und meine Partnerin Martina für zwei mehrmonatige Forschungsaufenthalte<br />

einen Gesamtpreis von 600.000 Vatu zu vereinbaren (ca. € 4500,-).<br />

Dafür erhielten wir die Erlaubnis, in zwei Jahren zweimal ein gol zu filmen bzw.<br />

zu photographieren und die zur Untersuchung des Turmspringens notwendige<br />

Zeit in Bunlap zu verbringen. Das im gleichen Jahr ebenfalls in Bunlap filmende<br />

französische Filmteam bestand aus insgesamt sieben Mitgliedern und betrieb<br />

einen wesentlich höheren technischen Aufwand, was Chief Telkon zu der nicht<br />

unrichtigen Annahme veranlaßte, hartnäckig auf dem wesentlich höheren Preis<br />

von 1 Million Vatu bestehen zu können, der schließlich auch bezahlt wurde,<br />

obwohl sich das Team, im Gegensatz zu uns, nur etwa zwei Wochen in Bunlap<br />

aufhielt. Daß die Vermittler bzw. Veranstalter versuchen, bei dem Geschäft mit<br />

TV-Teams einen möglichst hohen Gewinn zu machen, liegt auf der Hand. Mitunter<br />

herrscht auch hier eine eher ruppige Geschäftspraxis, wie das folgende<br />

Beispiel zeigt: Da den Filmemachern von ZED beim Drehen des gol im Jahre<br />

2002 einige Fehler unterlaufen waren, sahen sie sich gezwungen, im Jahre 2003<br />

erneut nach Pentecost zu fahren, um ein weiteres gol zu filmen, in dem einige<br />

Szenen mit den Akteuren des Vorjahres wiederholt werden sollte. Da Chief Telkon<br />

wiederum eine Million Vatu für die Dreharbeiten verlangte, die diesmal jedoch<br />

nicht zwei Wochen, sondern nur einen Tag dauern sollten, trafen die Filmer<br />

ein Arrangement mit Chief Willi, der für den Preis von 500.000 Vatu mit<br />

der Hilfe einiger williger Männer aus Bunlap ein gol in Ratap organisierte. Warisus<br />

Telkon, der einer der Hauptdarsteller des vergangenen Jahres war, übernahm<br />

wiederum die Bauleitung und sollte, wie bereits im Jahr zuvor, vom Kopf<br />

des Turmes springen. Kurz vor dem Termin wandte sich ein englisches Fernsehteam<br />

an Chief Willi, das ebenfalls ein Turmspringen filmen wollte. Da sich die<br />

Franzosen Exklusivrechte an den Bildern gesichert hatten, gab es jedoch keine<br />

offizielle Möglichkeit mehr, das englische Team auch noch drehen zu lassen,<br />

226 Vgl. http://www.vanuatuculture.org/, Stand: 16. November 2006<br />

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