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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Ordnung von Raum und Zeit<br />

wähnten hohlen Bambusstämme oder präparierten Fischnetzbojen heranzieht.<br />

Unterhalb der tiefstgelegenen Hütten fällt der Boden so steil und felsig zum<br />

Meer hin ab, daß eine Nutzung nicht mehr sinnvoll ist. Es würde an dieser Stelle<br />

zu weit führen, das Umland von Bunlap mit allen seinen benannten und namenlosen<br />

Bergen, Tälern, Wäldern und Bächen vorstellen zu wollen, erwähnt werden<br />

soll hier lediglich, daß ein Großteil der Tarogärten sich in einem oberhalb<br />

des Dorfes gelegenen, ins Hinterland erstreckenden Oval von etwa acht Kilometern<br />

Durchmesser befindet. Der etwa fünf- bis zehnjährige Kultivierungszyklus<br />

beginnt südöstlich vom Dorf und endet nordwestlich davon, bevor er dann von<br />

neuem beginnt. Die Yamsgärten sind in der Regel näher beim Dorf, was unter<br />

anderem an der kürzeren Brachezeit, aber auch daran liegt, daß der Yams auf<br />

den braunen, trockeneren Böden der tiefer gelegenen Küstenregionen angebaut<br />

werden muß. Da ein Großteil der Gartenarbeit, vor allem aber der Yamsanbau,<br />

Gemeinschaftsarbeit ist, nehmen praktisch alle Familien an diesem Zyklus teil<br />

und wandern so in etwa fünf Jahren einmal im Uhrzeigersinn um das Dorf herum.<br />

Nach erfolgreicher Kultivierung liegt das Land dann anschließend bis zur<br />

nächsten Bestellung brach. Margaret Jolly hatte in den siebziger Jahren noch<br />

eine etwa 10-15jährige Bracheperiode beschrieben (Jolly 1994a:67), diese hat<br />

sich inzwischen jedoch, vermutlich aufgrund des Bevölkerungsdruckes bzw. der<br />

daraus resultierenden Landknappheit, um mindestens fünf Jahre verkürzt. Will<br />

man nicht hungern, kann man es sich offenbar nicht mehr leisten, dem knapper<br />

gewordenen Land 15 Jahre Regenerationszeit einzuräumen, sondern muß sich<br />

im Jahre 2004, also 30 Jahre nach Jollys Forschung, mit fünf bis zehn Jahren<br />

begnügen. Ob diese kürzere Brachezeit die Fruchtbarkeit der Böden nachhaltig<br />

schädigt und die Nahrungsmittelversorgung auf lange Sicht vielleicht sogar gefährdet,<br />

müßte anhand der speziellen Bedingungen in Pentecost gesondert untersucht<br />

werden.<br />

Es verwundert also nicht, daß Land eine potentiell knappe Ressource ist und infolgedessen<br />

Landbesitzfragen ständiger Anhaltspunkt für Streitereien sind. In<br />

Bunlap erstrecken sich Auseinandersetzungen über die Rechte an Land auf praktisch<br />

alle Grenzregionen zu den anderen skul Dörfern. Heftigen Streit gibt es seit<br />

Jahrzehnten mit dem benachbarten Dorf Ranwas (Church of Christ), Auseinandersetzungen<br />

aber auch mit Lonlibilie (kastom) und Point Cross (Melanesian<br />

Mission) im Süden. Im Norden gibt es hin und wieder Meinungsverschiedenheiten<br />

mit Ranon (katholisch). In allen Fällen haben die Auseinandersetzungen mit<br />

den umstrittenen Landansprüchen der ta remlili Leute zu tun, die in der Regel<br />

mit dem um die Landaneignung kreisenden burau Mythos gerechtfertigt werden<br />

(vgl. Kap. 9.3). Keine Konflikte hingegen gab es im Jahre 2004 mit den benachbarten<br />

kastom Dörfern Lonbwe, Pohurur und Sankar.<br />

Ich kann an dieser Stelle nicht in allen Einzelheiten auf Landrechtsfragen eingehen,<br />

da dieses Thema an sich schon Stoff für eine ausführliche Untersuchung<br />

birgt. Hinweisen möchte ich jedoch auf die Zusammenhänge zwischen Landrecht<br />

und Verwandtschaftsordnung, die auch für unsere spätere Betrachtung des<br />

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