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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Zur Entstehung von kastom als Lebensform & Ideologie<br />

spiele für erfolgreiche Missionsarbeit der Church of Christ: Ranbutor, Panlimsi,<br />

Salap, Baie Homo, Wali und Panas an der Westküste sowie Ranwas an der Ostküste<br />

bekennen sich heute zu dieser Kirche (vgl. Jolly 1994a: 31).<br />

Die dritte Konfession in Südpentecost sind die Anglikaner der „Melanesian Mission“.<br />

In ihrer historischen Entwicklung den Katholiken näher als den Presbyterianern,<br />

vertreten sie eine ähnlich moderate Haltung zur Tradition wie die Maristen.<br />

Zunächst missionieren auch die Anglikaner ausschließlich an der Westküste,<br />

da der Großteil ihrer vereinzelten Anhänger jedoch im Süden der Insel zuhause<br />

sind, namentlich in Wanur, Pantor, Saltas und Ranpain, verlegen die Anglikaner<br />

das Zentrum ihrer Mission an den südlichsten Zipfel der Insel wo 1950<br />

offiziell die erste Gemeinde im neu gegründeten Dorf Point Cross entsteht. Erster<br />

Pastor wird Father David, ein aus dem Norden Pentecosts stammender Raga.<br />

Ab etwa 1957 haben sich die Dorfstrukturen in Point Cross soweit etabliert,<br />

daß auch Konvertiten aus anderen Teilen der Inseln hierherkommen. Etwa zur<br />

gleichen Zeit führt Lane seine zehnmonatige Feldforschung in Südpentecost<br />

durch und schreibt über die Anglikaner:<br />

„The Melanesian Mission Converts are small in number and not aggressive proselytizers. The<br />

two villages involved have only recently been converted and the Melanesian Mission is not<br />

opposed to the retention of many aboriginal customs. Therefore the relations of the heathens<br />

with these people are friendly, though not intimate, for the heathens seldom have reason to<br />

travel south to the Melanesian Mission villages.” (Lane 1956:167)<br />

Abschließend läßt sich sagen, daß im Wesentlichen drei Gründe für die Entstehung<br />

von kastom in Südpentecost ausschlaggebend waren:<br />

Erstens hatten die Sa an der Ostküste von Pentecost das Glück, daß ihr Siedlungsgebiet<br />

so abgelegen und schwierig zu erreichen war, daß hier nur verhältnismäßig<br />

wenig von dem ansonsten mitunter gravierenden Einfluß von Sandelholzhandel<br />

oder „Blackbirding“ zu spüren war. Andererseits waren die Kontakte<br />

aber doch intensiv genug, um ein gewisses Maß an Erfahrung im Umgang mit<br />

den Vertretern der fremden Kultur zu sammeln, die sich anschickten, tiefgreifende<br />

Veränderungen nicht nur einzuführen, sondern über Missionare, Händler<br />

und Regierungsbeamte auch aktiv einzufordern.<br />

Zweitens führen uns die mythologisierenden mündlichen Überlieferungen um<br />

die Ereignisse des unglücklichen Todes von Francois Le Fur vor Augen, daß die<br />

Sa der Ostküste die Verkünder des fremden Gottes, und mit ihnen auch den<br />

fremden Gott selbst, weder für unfehlbar noch für unverletzlich hielten. Eine<br />

Haltung, die angesichts der Entwicklungen andernorts durchaus verblüfft.<br />

Drittens hat die glückliche Entsendung eines so aufnahmebereiten Mannes wie<br />

Elie Tattevin ebenfalls einen Beitrag zum Entstehen von kastom geleistet. Statt<br />

einer unversöhnlichen Haltung gegenüber den einheimischen Traditionen bemüht<br />

sich Tattevin um Verständnis und Annäherung. Es soll allerdings nicht der<br />

Eindruck erweckt werden, daß es keine Spannungen zwischen kastom Anhängern<br />

und Missionaren, jedweder Couleur, gegeben hätte. Vielmehr meine ich,<br />

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