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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Die wichtigsten Mythen der Sa<br />

ten Feldforschung im Jahre 2002 waren Martina und ich für etwa einen Monat in<br />

Warisus’ Haus einquartiert. Die Beziehung zwischen Warisus und mir war angespannt,<br />

weil sein Vater in Vila fast das gesamte Geld eingesteckt hatte, das<br />

wir für unseren Aufenthalt und das Filmen des gol entrichtet hatten, während er<br />

sich um uns kümmern mußte, ohne dafür in größerem Umfang bezahlt zu werden.<br />

Mit seiner Frau Sé und den vier Kindern, Telkon, Jibe, Jurop und Wari,<br />

kamen wir hingegen ausgezeichnet zurecht. Aber so gut wie immer, wenn das<br />

Gespräch beim Frühstück oder beim Abendessen auf für mich wirklich spannende<br />

Punkte kam, blockte Sè ab. Später wurde mir unter vorgehaltener Hand<br />

berichtet, daß Warisus viele Männer und Frauen im Dorf instruiert hatte, mir so<br />

lange nichts zu erzählen, bis ich ihm bzw. dem Dorf mehr Geld bezahlen würde.<br />

Als mein Gastgeber konnte er mich mit seiner Forderung nicht direkt konfrontieren,<br />

also versuchte er, meine Arbeit zu blockieren und hoffte darauf, daß ich<br />

seine Ansprüche durch diesen indirekten Druck schon spüren würde. Bei meinem<br />

dritten Feldaufenthalt im Jahre 2004 versuchte ich dann, zu Wano, der<br />

knapp 30-jährigen Tochter von Chief Molbua, die einige Jahre die Schule besucht<br />

hatte und daher fließend Bislama sprach, eine freundschaftliche Beziehung<br />

aufzubauen. Diesmal war es Kal, der Sohn von Chief Meleun Bena, dem älteren<br />

Bruder von Chief Telkon, der ihr jeden weiteren Umgang mit mir verbot. Es<br />

dauerte eine ganze Zeit, bis ich dahinterkam, was hinter diesen Manövern steckte<br />

und warum diese „Störfeuer“ immer von Mitgliedern der Familie Chief Telkons<br />

aus der ta remlili buluim kamen, obwohl diese finanziell ohnehin am meisten<br />

von mir profitiert hatte. Ich will diesen Punkt hier nicht weiter vertiefen, da<br />

wir später noch ausführlicher darauf zu sprechen kommen werden. Ich wollte<br />

hier vielmehr darlegen, von wem ich einen Großteil meiner Informationen zu<br />

den Mythen erhalten habe und unter welchen Umständen. Betrachten wir nun<br />

zunächst den wohl wichtigsten Gründungsmythos der Sa, in der Fassung, die<br />

Tattevin 1929 veröffentlicht hat.<br />

9.1 Mythen vom Ursprung, von Fruchtbarkeit, Zeit und Tod.<br />

Bei der nun folgenden Darstellung einer Auswahl an wichtigen Mythen wird vor<br />

allem eines deutlich: neben den Fragen nach der Entstehung einiger grundlegender<br />

Dinge wie Pflanzen oder Tiere geht es immer wieder an vordringlicher Stelle<br />

um die Frage, wie das Verhältnis der Männer zu den Frauen beschaffen ist.<br />

I. Der Mythos von Barkulkul und der Erschaffung der ersten Frau 65<br />

„Au commencement, la terre seule existait d’elle-même; les arbres existaient aussi; mais il n’y<br />

avait aucun homme sur la terre. Un cocotier se trouvait là, un seul pied, dans un endroit appelé<br />

Rébréon; il est desséché aujourd’hui. Ce cocotier fleurit et donna son spathe d’une grosseur<br />

prodigieuse. Barkulkul se trouvait à l’intérieur. Ce spathe s’entrouvrit et six homes se trouvaient<br />

dedans. Le premier était Barkulkul. Ils descendirent tous sur la terre et reposèrent sur<br />

65 Alle Mythen sind hier, in der Reihenfolge, in der sie in dieser Arbeit erscheinen, mit fortlaufenden<br />

römischen Ziffern versehen, um ein späteres Wiederfinden zu erleichtern.<br />

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