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VORWORT DES HERAUSGEBERS - Thorolf Lipp

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Ordnung von Raum und Zeit<br />

stentieren, neugierigen Aalen oder Muscheln. Mitunter taucht man nachts mit<br />

langen Speeren nach Riffischen und manche mutigen jungen Männer versuchen,<br />

Haie mit den blutigen Gedärmen gerade geschlachteter Schweine oder Rinder<br />

anzulocke, in denen große Haken versteckt sind, die der Hai verschluckt, worauf<br />

er gefangen werden kann. Immer wieder einmal gelingt so ein Fang tatsächlich<br />

und der Junge kehrt als „Held“ ins Dorf zurück, denn ein Weiß-, oder Schwarzspitzenriffhai<br />

(Carcharhinus melanopterus bzw. Triaenodon obesus) von anderthalb<br />

oder zwei Metern Länge ergibt fast soviel Fleisch wie ein mittelgroßes<br />

Schwein. Gefangen werden darüberhinaus gelegentlich auch Meeresschildkröten<br />

(Cheloniidae), die, zusammen mit ihren Eiern, als ganz besondere Delikatesse<br />

gelten. Gejagt werden aber auch Säugetiere oder Reptilien: Flughunde (Acerodon<br />

jubatus) und Wildtauben erlegt man mit der Steinschleuder oder mit Pfeil<br />

und Bogen, 92 auch Wildschweinen oder Wildkatzen und den einheimischen<br />

Pythons (Boinae) stellt man manchmal mit Pfeil und Bogen oder langen Speeren<br />

nach.<br />

Ein gutes Essen besteht in Bunlap vorzugsweise in einer ordentlichen Portion<br />

Knollenfrüchte, die auf die verschiedensten Weisen zubereitet werden können,<br />

wozu man wiederum meistens die Kokosmilch benötigt. Meist kommt Gemüse<br />

hinzu, selten verfügt man über Fleisch oder Fisch. Häufig werden Taro, Yams,<br />

Bananen oder Maniok zu lok verarbeitet, das im Bislama auch unter laplap bekannt<br />

ist. Dazu werden die rohen Knollen bzw. Bananen geschält und mit Hilfe<br />

eines dornigen Farnstammes zu Brei zerrieben, mit Kokosmilch vermischt und<br />

dann, evtl. unter Zugabe von Fisch oder Fleisch, in Bananen- oder andere passende<br />

Blätter eingewickelt. Diese Pakete, deren Größe variabel ist, werden im<br />

Erdofen einige Stunden lang gegart. Danach werden die Blätter entfernt und<br />

man erhält lok, eine Art zähen Kuchen, der für die Sa etwa dieselbe Rolle spielt,<br />

wie für uns das Brot. Es gibt unzählige Varianten, lok zuzubereiten, manchmal<br />

macht man nur handflächengroße Pakete, die in chinere oder Taroblätter gewickelt,<br />

und dann in Kokosmilch gekocht werden, manchmal entstehen besonders<br />

große lok von zwei oder mehr Quadratmetern Größe, die man für bestimmte<br />

Feste und Rituale benötigt. Eine andere Art der verfeinerten Essenszubereitung<br />

nennen die Sa nalot. Im Erdofen oder im Topf gekochte Wurzeln, Brotfrucht<br />

oder Bananen werden auf einem natanbea, also einem kleinen Tischchen,<br />

wie man sie auch zur Kavazubereitung heranzieht, so lange mit einer stetig mit<br />

Kokosmilch benetzten grünen Kokosnuß bearbeitet, bis ein homogener Brei entstanden<br />

ist. Diesen breitet man auf dem natanbea aus und beträufelt ihn mit frischer<br />

oder dick eingekochter Kokosmilch. Am häufigsten jedoch röstet man frische<br />

Yams, Taro, Brotfrucht oder Bananen einfach über dem offenen Feuer. Im<br />

92 Muller hatte 1975 noch davon gesprochen, daß man in Bunlap mit dem Gehwehr auf die<br />

Jagd gegangen sei (Muller 1975:220). Feuerwaffen sind jedoch seit der Unabhängigkeit im<br />

Jahre 1980 überall in Vanuatu verboten und wurden vom Staat konfisziert. Mir ist während<br />

meiner vielen Monate in Pentecost nie ein Mann mit Feuerwaffen begegnet noch hätte ich<br />

auch nur gehört, daß irgend jemand solche besäße.<br />

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