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GEJ - Band 2

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55. — Verhältnis der Völker zu ihren Regenten[<strong>GEJ</strong>.02_055,01] Nun fragt Cyrenius Mich, ob es wohl rätlich wäre, diese seinerAnsicht nach total bekehrten Pharisäer, Ältesten, Leviten und Schriftgelehrtenvon seinem über sie verhängten harten Gesetze freizusprechen.[<strong>GEJ</strong>.02_055,02] Sage Ich: „Man soll, wenn man das Gesetzgebungsrecht hat,nie zu voreilig ein neues Gesetz geben! Ist aber ein Gesetz gegeben, so soll mannoch weniger voreilig sein, das gegebene Gesetz aufzuheben; denn da muß derRat der Verständigen das Rechte zeigen. Siehe, wenn du ein neues Gesetz gibst,so wirst du dir alle jene zu Feinden machen, denen das Gesetz auferlegt ward;hebst du dann aber das Gesetz auf, so wird dir darum niemand dankbar sein,sondern man wird dich der Schwäche zeihen, wird triumphieren und sagen: ,Dasieht man den Tyrannen! Weil er sieht die Überzahl seiner Feinde, so möchte ersich durch die plötzliche Aufhebung des harten Gesetzes beim Volke wieder inGunst setzen! Aber er wird der Freunde im Volke wenige finden; denn wereinmal ein Tyrann ist, der ist es zum zweiten Male, so er wieder zur Machtkommt, ein zweifacher!‘[<strong>GEJ</strong>.02_055,03] Und es ist daher besser, ein gegebenes Gesetz zu belassen, alsdasselbe sobald wieder aufzuheben; aber man kann dafür das Gesetz ganzgeheim fallen lassen, und wenn Übertretungen desselben vorkommen, so übeman Nachsicht und sei im Urteil nicht zu streng. Kommt dann ein andererRegent, so steht es ihm frei, die Gesetze, die sein Vorgänger erlassen hat, ganzaufzuheben und dafür dem Geiste des Volkes gemäß mildere zu geben. Esmüßte denn sein, daß sie kämen und dich darum bäten, da wohl kannst du denstrengsten Teil des einmal erlassenen Gesetzes wegtun, aber stets mit demVorbehalt, das Gesetz sobald wieder mit aller Strenge zu erneuern, wenn sichSpuren zur böswilligen Verfolgung der durch das Gesetz zu bewerkstelligendenguten Sache zeigen sollten![<strong>GEJ</strong>.02_055,04] Siehe, das ist die Klugheit, nach der jeder Regent seine ihmuntergebenen Völker leiten sollte, so er glücklich regieren will! Ein lauer undnachlässiger Regent aber wird bald zu der stets traurigen Überzeugung gelangen,daß er sich durch zu große Nachgiebigkeit die Völker nicht hätte über denKopf wachsen lassen sollen![<strong>GEJ</strong>.02_055,05] Denn die Völker verhalten sich zu ihren Regenten wie dieKinder zu ihren Eltern. Strenge und dabei weise Eltern werden auch gute, gehorsameund dienstfertige Kinder haben, die ihre Eltern lieben und ehren werden,wogegen den zu nachgiebigen Eltern die Kinder nur zu bald über den Kopfwachsen und sie am Ende aus dem Hause treiben und stoßen werden.[<strong>GEJ</strong>.02_055,06] Liebe mit Ernst und Weisheit ist ein ewiges Gesetz; werdanach handelt, macht keinen Fehltritt, und die Früchte davon werden gut undköstlich schmecken. Hast du Mich wohl völlig verstanden?“[<strong>GEJ</strong>.02_055,07] Sagt Cyrenius: „Ja Herr, ganz vollkommen, und es ist das inder Welt immer der gleiche Fall gewesen. Ein zu guter, nachgiebiger Regent ist— 122 —

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