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GEJ - Band 2

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sein dem viel begehrenden Leibe nicht nur das Notwendige, sondern eine wahreluxuriöse Seligkeit bietet![<strong>GEJ</strong>.02_211,05] Der tierische Teil des Menschen stellt seine Forderungen auchstets so entschieden und schreiend auf, daß dagegen die stillen Forderungen derSeele überhört werden müssen. Wenn aber das, wen kann es da noch wundernehmen,so hunderttausendmal Hunderttausende von dem Wesen ihrer Seelekaum irgendeine Ahnung haben? Denn da hatte sich schon von der Kindheit anihre Seele so sehr mit ihrem Leibe verbunden, daß sie mit ihm vollends eins istund daher in sich auch kein anderes Bedürfnis erkennt als das leidige des Leibesnur.[<strong>GEJ</strong>.02_211,06] Ja, man muß sogar sagen, daß eben bei Menschen, die leiblichzu elend und schlecht versorgt sind, sich auch stets nicht die geringste Spur vonirgendeinem geistigen Bedürfnisse verspüren läßt. Wir haben im mitternächtlichenTeile von Europa Völkerschaften, bei denen aber auch nicht die leisesteSpur von einer geistigen Bildung zu entdecken ist.[<strong>GEJ</strong>.02_211,07] Aber was ist der Grund davon? Die totalste leibliche Unversorgtheit!So ein Mensch geht, mit Keulen bewaffnet, oft Tag und Nacht in dendichten Wäldern herum und sucht sich irgendein Wild zu erlegen. Hat er eserlegt, da verzehrt er es auch heißhungrig, wie man zu sagen pflegt, beinahe mitHaut und Haaren; Frage: Wo sollte, wo könnte bei solch einem Volke vonirgendeinem geistigen Bedürfnisse nur eine leiseste Rede sein? – während mandenn doch zum Beispiel in Rom, wo die Menschheit zum größten Teile leiblichübergut versorgt ist, von einer Seele des Menschen und ihrer Unsterblichkeitschon lange gelehrt und darum auch auf ein moralisches Leben, das hauptsächlichdie Bildung des geistigen Menschen im Auge hat, die meiste Aufmerksamkeitverwendet hat und noch gleichfort verwendet.[<strong>GEJ</strong>.02_211,08] Freilich geschieht es auch leider nur zu häufig, daß dieReichen sich am Ende zu sehr in die Seligkeit ihres Leibes versenken und dabeiauf die Ausbildung ihrer Seele wenig oder nichts halten und am Ende jede Lehrefür die Erfindung irgendeines hungrigen Weisen ansehen; aber sie haben docheine Sprache, durch die man sich ihnen mitteilen kann über so manches,worüber sie am Ende bei all ihrer Sinnlichkeit denn doch so ein wenig zu stutzenanfangen, – was für ihre Seele schon immer ein Gewinn ist.[<strong>GEJ</strong>.02_211,09] Bei Menschen aber, von denen man es noch nicht genau weiß,ob sie eine Sprache haben oder nicht, ist es auch nicht möglich, ein solchesStutzen zustande zu bringen. Wenn aber schon das nicht, auf welche Art erstwäre es dann wohl möglich, sie zu wecken für ein tieferes geistiges Bedürfnisder Seele?[<strong>GEJ</strong>.02_211,10] Darum wäre meine Meinung, daß man zuerst die Menschheitfür den Leib wenigstens gut versorgen sollte, und es dürfte dann doch leichtersein, die Seelen der Menschen stets mehr und mehr für ihre wahren geistigenLebensbedürfnisse zu wecken. Wenigstens sollten die Menschen mit demNötigsten versorgt sein! Denn, wie schon gesagt, ein physisch zu armer Mensch— 461 —

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