Das Döhlener Becken bei Dresden - Unbekannter Bergbau
Das Döhlener Becken bei Dresden - Unbekannter Bergbau
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Mit der Eisenbahn kamen am 19. November 1855 die<br />
ersten Kohlen vom <strong>Döhlener</strong> Kunstschacht, am 25. bzw. 29.<br />
November vom Oppel und Albert Schacht zum Versand.<br />
1856 wurde als zweiter Bahnbau die Windbergbahn in<br />
Betrieb genommen. Der Ing. BRESCIUS plante und baute im<br />
Auftrag der betroffenen Grubengesellschaften eine<br />
Verbindung aus dem Weißeritztal (+155 m NN) bis auf das<br />
Hochplateau des Windberges (+320 m NN), <strong>bei</strong> nur 2,5 km<br />
Luftlinie Entfernung. Durch die Weiterführung der Bahn bis<br />
Possendorf erhielten alle Förderschächte östlich der<br />
Weißeritz einen Bahnanschluss.<br />
Da die bestehenden Gesellschaften das flözführende<br />
Gebiet fast vollständig besaßen, waren der Neugründung<br />
mehrerer Gesellschaften, teilweise auf der Basis optimistischer<br />
„Gutachten“ (COTTA et al. 1857 und H. B. GEINITZ),<br />
keine Erfolge beschieden und sie liquidierten nach kurzer<br />
Zeit (BAEHR 1917: 36). Zwei der bisherigen Unternehmen,<br />
der Gittersee Aktiengesellschaft (1859) und dem<br />
Potschappler Aktienverein (1878) ereilte das gleiche<br />
Schicksal, weil ihre Grubenfelder abgebaut waren oder das<br />
Flöz vertaubte.<br />
In den anderen Betrieben nahm die Intensität der<br />
Gewinnung zu. Die Abbaue entfernten sich immer weiter<br />
von den wenigen tiefen Schächten, ohne das entscheidende<br />
Verbesserungen der Wetterführung erfolgten.<br />
Während in den Königlichen Werken westlich (links) der<br />
Weißeritz nur ganz selten Methanexhalationen vorkamen,<br />
weil hier die Kohlen einen geringeren Inkohlungsgrad haben<br />
(Gaskohle), trat östlich der Weißeritz aus den Uran enthaltenden<br />
Grauharten Kohlen, die durch radioaktive Strahlung<br />
höher inkohlt waren (Fettkohlen), ständig Methan aus.<br />
Am Montag den 2. August 1869 kam es zu einer katastrophalen<br />
Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosion, der 276<br />
Bergleute, praktisch die gesamte Schichtbelegung des<br />
Neue Hoffnung und des Segen Gottes Schachtes der<br />
Burgker Werke, zum Opfer fielen. Nur 5 Bergleute überstanden<br />
das Unglück, 3 davon konnten sich über die Burgker<br />
Tagesstrecke retten. Die bergamtlichen Untersuchungen<br />
(BRAUNSDORF et al. 1869) stellten das Unglück als<br />
Naturkatastrophe ohne menschliches Versagen dar.<br />
„Die gesamte Belegung der <strong>bei</strong>den Schachtreviere betrug<br />
vor dem 2. August ... gegen 450 Mann in der Frühschicht.<br />
Am Montag den 2. August waren jedoch nur zusammen<br />
gegen 350 Mann angefahren, davon 281 in der Grube<br />
selbst. Wahrscheinlich hatten die meisten der<br />
Ausgebliebenen in Folge der Vergnügungen am vorhergehenden<br />
Abende auf dem <strong>Dresden</strong>er Vogelschießen die<br />
Anfahrzeiten verschlafen“ (BRAUNSDORF et al. 1869: 11).<br />
Die Gutachter klärten die wahren Unglücksursachen nicht,<br />
nur ganz am Schluss (S. 50) erwägen sie, dass das Unglück<br />
durch einen starken Ventilator hätte vermieden werden kön-<br />
nen. Sie kamen offenbar zu falschen Schlussfolgerungen<br />
über den Entstehungsort und die Ausbreitung der<br />
Explosion.<br />
Diese sind jedoch aus zwei Manuskripten des<br />
Markscheiders SCHAFFRATH vom 10.10.1869 eindeutig zu<br />
entnehmen: „<strong>Das</strong> Streckennetz war zu groß und es standen<br />
zu viele Baue offen, im östlichen Flügel wurden mehrere<br />
Steigorte mit starkem Gasanfall vorgetrieben. Beim ständigen<br />
Auftreten von Schlagwettern sollte es keinen<br />
Stillstand der Produktion geben. Trotz der ungünstigen<br />
Temperaturverhältnisse und des tiefen Barometerstandes<br />
waren zwei Fördertrümer des Neue Hoffnung Schachtes<br />
zwei Tage lang abgebühnt, der angefangene Bau eines<br />
Guibal-Ventilators verzögerte sich schon 3 Jahre.“<br />
Der Feststellung (S. 2 s. o.) „die Parole ist seit einer Reihe<br />
von Jahren auch in Burgk: nur Kohlen heraus“ und „wie viel<br />
heute gefördert?“ ist nichts hinzuzufügen.<br />
Zur Absperrung des Unglücksortes und Sicherung des<br />
Bergmannsgrabes am Segen Gottes Schacht wurde Militär<br />
mit aufgepflanzten Bajonetten eingesetzt (WILSDORF 1985:<br />
Abb. 23, s. Abb. 14.9-2).<br />
Diese große Katastrophe erweckte eine erhebliche<br />
Anteilnahme unter der Bevölkerung und erbrachte für die<br />
1200 Witwen und Waisen 392.000 Taler freiwilliger<br />
Spenden (KÖNIGSHEIM 1871). Noch nach 100 Jahren wird an<br />
dieses furchtbare Unglück erinnert (SÄTHLER 1969).<br />
1876 erfolgte am 10.12. eine größere Schlagwetter-<br />
Explosion <strong>bei</strong>m Potschappler Aktienverein, der 27 Bergleute<br />
zum Opfer fielen. Die Gründe dürften ähnlich denen <strong>bei</strong> den<br />
Burgker Werken gewesen sein, der Betrieb stand kurz vor<br />
der Liquidation.<br />
Der zunehmenden Ausdehnung im Einfallen und<br />
Entfernung der Abbaustrecken von den bisherigen<br />
Schächten wurde <strong>bei</strong> den Königlichen Steinkohlenwerken<br />
zuerst mit dem Vertiefen der Schächte (Oppel und Kunst<br />
Schacht) und längeren Querschlägen begegnet. Bereits<br />
1846 erörterte E. F. W. LINDIG die Anlage eines neuen<br />
Schachtes im Weißeritztal, um die Teufmeter gering zu halten<br />
und wegen guter Abfuhr der Kohlen die Nähe zur<br />
Hauptstraße zu wahren (HARTUNG 1906: 53). 1851 sind zwei<br />
Versuchsschächte für die neue <strong>Döhlener</strong> Schachtanlage auf<br />
der Kammergutwiese geteuft worden.<br />
Am 4. März 1852 verstarb der verdienstvolle Faktor der<br />
Königlichen Steinkohlenwerke, E. F. W. LINDIG, im Alter von<br />
73 Jahren. Seit der Gründung der Königlichen<br />
Steinkohlenwerke hatte er vielfach progressive Planungen<br />
und Maßnahmen zur Erweiterung des Betriebes durchgeführt.<br />
Als sein Nachfolger wurde am 1. Juli 1852 der<br />
Obereinfahrer F. SCHMIEDEL eingewiesen, der seit 1830 <strong>bei</strong>m<br />
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