Das Döhlener Becken bei Dresden - Unbekannter Bergbau
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hatte die beachtlich Größe von 7,47 x 2,55 m. Gleichzeitig<br />
entstand das am Mühlgraben zur Rothen Mühle gelegene<br />
etwa 17,5 m hohe Kunstradgebäude mit einem Glockenturm<br />
(s. Abb. 9.2-4 und 9.2-4A). Für <strong>bei</strong>de Anlagen wurden<br />
Fachwerkgebäude errichtet (GÜRTLER 2000d Bild 7+8).<br />
Bereits im Oktober des Jahres 1806 ist das unterschlächtige<br />
Wasserrad von 25,5 Ellen (14,28 m) Durchmesser (SSB<br />
1823 E. W. LINDIG, HARTUNG 1906: 19) eingehängt und<br />
danach die hölzernen Stützen für das 212 Lachter (420 m)<br />
lange Feldgestänge errichtet worden. Mit Inbetriebnahme<br />
des Gestänges erfolgte nach jeder „Gesamtbewegung“ ein<br />
Glockenschlag. Damit war bis zum Abriss 1883 eine technische<br />
Anlage entstanden, die durch das akustische Signal<br />
die Funktionstüchtigkeit bestätigte.<br />
Der Kunstschacht erhielt Kunstsätze von 8,0 m Länge, mit<br />
jedem Zuge wurden 88,2 l Wasser gehoben. Mit allen 12<br />
Sätzen kam das Kunstgezeug zum ersten Male am 18. April<br />
1807 in Umtrieb. Seine Baukosten beliefen sich auf 18.500<br />
Taler.<br />
Betrachtet man die Zeichnungen der <strong>Döhlener</strong> Kunst und des<br />
Wehres (SSB, E. W. LINDIG 1823 u. 1840), ist nahe liegend,<br />
dass die Ausführung des Kunstgezeuges nicht mit vorhandenen<br />
Ar<strong>bei</strong>tskräften erfolgen konnte. Für 1806 wird vom Zuzug<br />
von 40 Bergleuten aus Johanngeorgenstadt und im nächsten<br />
Jahr von 15 aus dem Mansfelder Land „ausgewiesenen“<br />
berichtet (WILSDORF 1985: 12). Vielleicht waren unter ihnen<br />
Radbauer oder der Oberkunstmeister BALDAUF brachte zeitweilig<br />
Spezialisten aus dem Freiberger Revier mit.<br />
Der Neue <strong>Döhlener</strong> Kunstschacht war bis zum 24. März<br />
1883 einer der Hauptschächte der Königlichen Steinkohlenwerke.<br />
Bei dem Hochwasser 1807 strömte durch einen Tagesbruch<br />
das Wiederitzwasser am Rabicht in die <strong>Döhlener</strong> Baue und<br />
flutete diese bis 5 Ellen unter die Hängebank des Alten<br />
Kunstschachtes. Die Sümpfung erfolgte mit der alten Kunst<br />
nur langsam. Erst als im April ein Durchbruch aus dem<br />
neuen in den alten Schacht erfolgte, konnte das Wasser mit<br />
zwei Gezeugen in kurzer Zeit gehoben werden.<br />
<strong>Das</strong> alte Kunstgezeug blieb auch nach dem Aufbau des<br />
neuen bestehen und wurde 1807 durch ein größeres Rad von<br />
20 Ellen Durchmesser verbessert (HARTUNG 1906: 19). <strong>Das</strong><br />
bewährte sich <strong>bei</strong>m erneuten Wassereinbruch von 1808.<br />
1852 wurde der Neue <strong>Döhlener</strong> Kunstschacht um weitere<br />
16 Lachter von der 3. zur 4. Hauptstreckensohle geteuft und<br />
als Kunst-, Förder-, Fahr- und Holzhängeschacht ausgerüstet.<br />
Erstmalig schlug man eine Hauptstreckensohle nicht<br />
wie bisher in Saigerteufe von 12 Lachter (24 m) sondern von<br />
16 Lachter (32 m) an. Damit sind die Abbaufelder vergrößert<br />
und die Zwischenstrecken minimiert worden. Außerdem<br />
rekonstruierte man das Kunstgezeug und wechselte zwischen<br />
Elbstolln- und 1. Hauptstreckensohle 6 Saugsätze<br />
gegen 2 Drucksätze aus. Beim Ansaugen des Wassers<br />
durch einen Kolben in einem Rohr entstehen immer<br />
Verluste. Diese sind weitaus geringer, wenn der Kolben das<br />
Wasser in Abschnitten nach oben drückt. Außerdem benutzte<br />
man die Gestängelast für zusätzlichen Druck zum<br />
Wasserheben. Die Anzahl 6:2 beweist die Leistungsverbesserung.<br />
Da keine Probleme <strong>bei</strong> der Verlängerung des<br />
Kunstgestänges auftraten, erwog man das Vorrichten einer<br />
weiteren 16 Lachter tieferen 5. Hauptstrecke (HARTUNG<br />
1906: 58).<br />
Die „<strong>Döhlener</strong> Künste“, heute mit Lokalpunkten wie<br />
Friedhof, Bahnhof Potschappel, Platz des Friedens zu umreißen,<br />
stammen aus unterschiedlichen <strong>Bergbau</strong>epochen, die<br />
sich teilweise überschneiden. Auf einer Rissplatte der<br />
Königlichen Steinkohlenwerke, die vor 1810 angelegt wurde<br />
(Markscheider PICEE bis 1807 und bis etwa 1840 nachgetragen),<br />
sind mehrere Kunstschächte verzeichnet (s. Abb. 9.2-4):<br />
• Halde „Ein alter Kunstschacht“ in ca. 13 Lachter<br />
Entfernung zum damaligen Wiederitzbett und 33 Ltr. (66<br />
m) östlich Friederiken Schacht, vermutlich Oberst v.<br />
Polenz 1720 und durch Frau von POLENZ nach 1741<br />
erneuert (HARTUNG 1906: 8).<br />
• „Alter Kunstschacht“ mit Anschluss an den Weißeritz<br />
Stolln, 10 Ltr. N des 18. Lichtlochs auf Potschappler Flur,<br />
36 Ltr. bis zur Wiederitz, Besitzer vermutlich Döhlische<br />
Gewerkschaft 1745, nach 1750 mit einer Rosskunst. Auf<br />
älterem Riss von etwa 1804 bereits als abgeworfen dargestellt,<br />
auf dem Übersichtsriss (1840) als Rabichter<br />
Kunst Schacht bezeichnet (REICHEL 1987: 187).<br />
• „Alter <strong>Döhlener</strong> Kunstschacht“, mit 60 Ltr. langem Qu.<br />
NNO bis Friederiken Schacht und 20 Ltr. langem Qu.<br />
SSW in der 1. Gezeugstrecke bis zum Neuen<br />
Kunstschacht. Abgeteuft etwa nach 1750 durch von<br />
SCHÖNBERGS Kohlenwerke. Die Jahresangabe des<br />
Teufens 1740 (GÜRTLER 2000d: 23) bezieht sich offenbar<br />
auf den soeben beschriebenen Schacht. Ein 335 Ltr. (ca.<br />
670 m) langes „Altes Feldgestänge“ reichte bis zur<br />
„Alten Radstube“ am Mühlgraben, 110 Ltr. oberhalb der<br />
Roten Mühle (heute etwa Kino Capitol). Dieses<br />
Feldgestänge wurde am 26. September 1820 „abgeschützt“<br />
(HARTUNG 1906: 29).<br />
• „Neuer <strong>Döhlener</strong> Kunstschacht“, nach GÜRTLER (2000d:<br />
18) bereits am 09.03.1804 durch v. SCHÖNBERG begonnen,<br />
vom Kurfürst am 17. Januar 1806 genehmigt und ab<br />
1806 geteuft, unter der Leitung von Oberkunstmeister<br />
BALDAUF. 212 Ltr. langes Feldgestänge zur „Neuen<br />
Radstube“ an der Roten Mühle mit dem 25,5 Ellen<br />
Wasserrad. Der Schacht wurde so angelegt, dass das<br />
Alte Feldgestänge ihn mittig überquerte.<br />
Zu einer Konfrontation zwischen der Technologie des<br />
Mittelalters mit Wasserrädern und Feldgestänge und der<br />
Neuzeit mit den durch Dampf betriebenen Maschinen kam<br />
es 1853 <strong>bei</strong>m Bau der Albertbahn. <strong>Das</strong> Feldgestänge zum<br />
<strong>Döhlener</strong> Kunstschacht lag zu tief und wurde bis zum Ende<br />
des Betriebes, am 3. März 1883, höher gebaut (WILSDORF<br />
1985: 17, Abb. 31).<br />
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