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Judikatur - Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie | TU Wien

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der Ortsbilderhaltung <strong>und</strong> Ortsbildgestaltung zu erlassenden Anordnungen ... verpflichtet ist, die<br />

wirtschaftliche Zumutbarkeit der Durchführung solcher Anordnungen zu überprüfen". Im selben<br />

Erkenntnis hat der VfGH ferner auch die aus dem verfassungsgesetzlichen Eigentumsschutz<br />

hergeleiteten Bedenken, wonach durch die betreffenden gesetzlichen Bestimmungen „die Eigentümer<br />

von Gebäuden in Schutzzonen zu einem aktiven Handeln mit einem damit verb<strong>und</strong>enen<br />

unbeschränkten unwirtschaftlichen vermögensmäßigen Aufwand verpflichtet werden könnten", mit der<br />

Begründung verworfen, dass „die vorgesehenen Verpflichtungen nur unter dem Gesichtspunkt der<br />

wirtschaftlichen Zumutbarkeit ihrer Durchführung bestehen". Auch in VfSlg. 9929/1984 hat der VfGH<br />

im besonderen öffentlichen Interesse der Altstadterhaltung gelegene Nutzungsbeschränkungen von<br />

Liegenschaftseigentümern im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz für<br />

unbedenklich erachtet, „wenn die vorgesehenen Verpflichtungen nur unter dem Gesichtspunkt der<br />

wirtschaftlichen Zumutbarkeit ihrer Durchführung bestehen". In VfSlg. 11019/1986 hat der VfGH<br />

schließlich angenommen, dass die Verpflichtung zur Erhaltung eines Denkmals dem Gleichheitsgebot<br />

widersprechen würde, „wenn dem Antragsteller die Erhaltung des Denkmals wirtschaftlich nicht<br />

zumutbar wäre". Auch ein Eingriff in das Eigentumsrecht durch denkunmögliche Anwendung des<br />

Gesetzes wurde in jenem Fall verneint, weil die „wirtschaftliche Zumutbarkeit der Erhaltung des<br />

Baudenkmals" jedenfalls Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildete.<br />

In Übereinstimmung mit der Literatur ist sohin davon auszugehen, dass auch im besonderen<br />

öffentlichen Interesse gelegene Verpflichtungen, die mit einer erheblichen Vermögensbelastung<br />

verb<strong>und</strong>en sind, einem Liegenschaftseigentümer unabhängig von seinem persönlichen, die<br />

Verpflichtung auslösenden Verhalten nur auferlegt werden dürfen, wenn ihm dies unter Bedachtnahme<br />

auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wirtschaftlich zumutbar ist.<br />

Auch unter Berücksichtigung der im öffentlichen Interesse verfassungsrechtlich zugelassenen <strong>und</strong><br />

gesetzlich vorgesehenen Schranken des (Liegenschafts-)Eigentums dürfen daher von Verfassungs<br />

wegen dem Eigentümer von hoher Hand keine Lasten auferlegt werden, die ihn mit Rücksicht auf ihre<br />

Schwere einerseits <strong>und</strong> seinem aus dem Eigentum gezogenen Nutzen andererseits unverhältnismäßig<br />

treffen <strong>und</strong> ihm daher wirtschaftlich nicht zumutbar sind.<br />

Die in verfassungskonformer Auslegung dem § 138 Abs 1 bereits vor der WRG-Nov 1990 immanente<br />

Voraussetzung der Zumutbarkeit wasserpolizeilicher Aufträge an den Gr<strong>und</strong>eigentümer bei eigenmächtig<br />

von Dritten ohne wr Bewilligung vorgenommenen Neuerungen wurde im Wege der WRG-Nov<br />

1990 durch Anfügung des Abs 4 an § 138 für bestimmte Fälle entsprechend konkretisiert. Wie den EB<br />

zur RV (1152 BlgNR 17. GP, 35 iVm 27) zu entnehmen ist, entspricht die Regelung der Haftung des<br />

Gr<strong>und</strong>eigentümers nach § 138 Abs 4 jener des ebenfalls durch die WRG-Nov 1990 eingefügten § 31<br />

Abs 4 .<br />

Im Einklang mit den EB zur RV sowie der zu § 138 idF der WRG-Nov 1990 ergangenen Literatur ist<br />

sohin eine vermögensmäßige Belastung eines Gr<strong>und</strong>eigentümers durch einen wasserpolizeilichen<br />

Auftrag nach § 138 verfassungsrechtlich aus Gründen des Gleichheitssatzes <strong>und</strong> des Eigentumsschutzes<br />

schon wegen des diesem immanenten Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satzes nur zulässig, wenn<br />

er wirtschaftlich dem Eigentümer zugemutet werden kann: Der Auftrag gegenüber dem Gr<strong>und</strong>eigentümer<br />

setzt nicht nur ein entsprechendes öffentliches Interesse an der Beseitigung der eigenmächtig<br />

vorgenommenen Neuerungen voraus; er ist gemäß § 138 Abs 4 zusätzlich zur mangelnden Belangbarkeit<br />

des Verursachers des rechtswidrigen Zustandes dem Liegenschaftseigentümer gegenüber nur<br />

zumutbar, wenn dieser „die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung<br />

ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig<br />

geduldet <strong>und</strong> ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat".<br />

VfGH 14.10.1993, B 1633/92; 11.6.1996, B 124/95 (Hinweis auf VwGH 18.9.1984,<br />

Z83/07/0244, 0245; 5.7.1988, 84/07/0181; 19.9.1989, 89/07/0055; ua. bzw VwGH 12.2.1991,<br />

90/07/0128, sowie aufAicher, Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz <strong>und</strong> Enteignung, 9.<br />

ÖJT, 1985, 63 f; Fröhler-Oberndorfer, Positivplanung <strong>und</strong> Eigentumsrecht, 1979, 60 ff;<br />

Pernthaler, Raumordnung <strong>und</strong> Verfassung II, 1978, 320 ff; Korinek, ÖZW 1977, 29, schließlich<br />

auf Art 1 I. ZPEMRK sowie EGMR, Urteil vom 23. September 1982, „Sporrong u. Lönnroth",<br />

EuGRZ 1983, 523 ff [Z66 ff], Frowein-Peukert, EMRK-Kommentar, 1985, 271 ff, sowie<br />

aufHauer, Die öffentlich-rechtliche Verantwortung des Eigentümers belasteter Liegenschaften<br />

im Umweltrecht, 1992, 27 f; Rossmann, Wasserrechtsgesetz 1959, 1990, 306; Schmelz,<br />

Wasserrecht: Ende der unbeschränkten „Zustandsstörerhaftung", ecolex 1992, 603)<br />

2. Der Eigentümer einer Liegenschaft ist unmittelbar Verpflichteter iSd § 138 Abs 1 lit a, wenn er die<br />

eigenmächtige Neuerung selbst vorgenommen hat oder sie auf seinen Auftrag zurückgeht oder auf<br />

die Tätigkeit von Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist (zB Gehilfen). Wurde hingegen die<br />

eigenmächtige Neuerung nicht von ihm vorgenommen, kann der Gr<strong>und</strong>eigentümer nur unter den<br />

eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs 4 in Anspruch genommen werden, wobei die<br />

ausdrückliche Gestattung der Neuerung Kriterium für die Haftung nach § 138 Abs 4 ist <strong>und</strong> damit nicht<br />

zu einer unmittelbaren Haftung iSd § 138 Abs 1 lit a führt.<br />

<strong>Judikatur</strong> zum WRG 1870 – 2004 Seite 357 von 390

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