Judikatur - Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie | TU Wien
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Insoferne nicht eine im Zuge des Berufungsverfahrens zulässige Projektsänderung (Modifikation)<br />
anzunehmen ist, hat die Behörde in einem solchen Fall von einer Zurückziehung eines im erstinstanzlichen<br />
Verfahren gestellten Ansuchens um Genehmigung einer Anlage auszugehen. Für die<br />
Berufungsbehörde besteht in einem solchen Fall die Verpflichtung, da die Zurückziehung eines<br />
Ansuchens nicht dem Verzicht auf die erhobene Berufung gleichzustellen ist, den vor ihr durch eine<br />
zulässige <strong>und</strong> fristgerechte Berufung angefochtenen Bescheid gem § 66 Abs 4 AVG ersatzlos<br />
aufzuheben.<br />
VwGH 29.10.1996, 95/07/0227 (Hinweis auf VwGH 31.3.1987, 84/07/0086, 21.3.1980, Slg<br />
10.074/A, 22.12.1987, Slg 12.599/A, 17.3.1992, 91/05/0181, 3.7.1984, 82/07/0020, sowie<br />
Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens 5 , S. 537 mwN); 25.11.1999,<br />
98/07/0181 (Hinweis auf VwGH 29.10.1996, 95/07/0227, mwN)<br />
10. In Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei darf die Berufungsbehörde auf<br />
Gr<strong>und</strong> der von einer solchen Partei erhobenen Berufung nicht über den Themenkreis hinausgehen, in<br />
dem die Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die Berufungsbehörde ist auch nicht berechtigt, aus Anlass<br />
der Berufung andere Fragen als rechtzeitig geltend gemachte Rechtsverletzungen der betreffenden<br />
Partei aufzugreifen.<br />
VwGH 10.6.1997, 97/07/0007 (Hinweis auf die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österr.<br />
Verwaltungsverfahrens 5 , 575, zit Rsp)<br />
Siehe aber VwGH 10.6.1999, 95/07/0196<br />
11. Nach stRsp des VwGH ist die Berufung einer präkludierten Partei nicht zurück-, sondern<br />
abzuweisen. Es hat nämlich auch die präkludierte Partei ein Recht auf Einbringung einer Berufung,<br />
wobei die Überprüfungsbefugnis der Berufungsbehörde insofern eingeschränkt ist, als sie präkludierte<br />
Ansprüche nicht mehr aufgreifen darf; eine Berufung ist diesfalls zulässig, aber allenfalls unbegründet.<br />
VwGH 26.5.1998, 97/07/0126 (Hinweis auf VwGH 3.12.1980, Slg 10.317/A [verst. Senat], <strong>und</strong><br />
auf Walter-Mayer, Gr<strong>und</strong>riss des österr. Verwaltungsverfahrensrechtes 6 , Rz 293)<br />
Vermutlich überholt durch die AVG-Novelle 1998<br />
12. Es trifft zwar zu, dass die ersatzlose Behebung eines unterinstanzlichen Bescheides unter<br />
Berufung auf § 66 Abs 4 AVG dazu führen kann, dass die Unterbehörde über den Gegenstand nicht<br />
mehr neuerlich entscheiden darf. Begründet aber die Oberbehörde ihr Vorgehen nach § 66 Abs 4 mit<br />
der Auffassung, sie könne nicht selbst in der Sache entscheiden <strong>und</strong> müsse daher, um den Weg für<br />
eine neuerliche Entscheidung der Unterbehörde frei zu machen, den erstinstanzlichen Bescheid<br />
ersatzlos beheben, dann ergibt sich daraus eine Situation, in der der Antrag der Partei wieder<br />
unerledigt, aber zu erledigen ist.<br />
VwGH 29.10.1998, 98/07/0111<br />
13. Der durch die „Sache" iSd § 66 Abs 4 AVG gezogene Rahmen wird durch Änderungen des<br />
Projektes nicht überschritten, wenn diese nicht das Wesen (den Charakter) des Bauvorhabens<br />
betreffen. Ein in Plänen dargestelltes konkretes Projekt ist nicht schon deshalb als ein „aliud" zu<br />
beurteilen, weil im Zuge des Berufungsverfahrens Modifikationen erfolgten, die dem Zweck dienten,<br />
das Projekt zur Gänze den Bewilligungsvoraussetzungen anzupassen.<br />
VwGH 30.6.1997, 93/10/0157 (Hinweis auf VwGH 23.10.1995, 93/10/0128 = ZfVB 1999/3,<br />
E 1099)<br />
14. Zur Wahrnehmung des Schutzes öffentlicher Interessen ist die Berufungsbehörde auf Gr<strong>und</strong><br />
zulässig erhobener Berufungen berechtigt <strong>und</strong> verpflichtet. Fragen des öffentlichen Interesses sind<br />
der Kognitionsbefugnis der Berufungsbehörde keineswegs entzogen, sondern von ihr vielmehr<br />
pflichtgemäß wahrzunehmen. Löst doch das Vorliegen einer zulässigen Berufung die Amtspflicht der<br />
Behörde aus, losgelöst von den in der Berufung vorgetragenen Sachverhalten das Vorhaben in jeder<br />
Hinsicht auf das Vorliegen von Bewilligungshindernissen zu untersuchen <strong>und</strong> iSd § 66 Abs 4 letzter<br />
Satz AVG sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an Stelle jener der<br />
Unterbehörde zu setzen <strong>und</strong> demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung<br />
abzuändern.<br />
VwGH 10.6.1999, 95/07/0196 (daher können für den Gewässerschutz bedeutsame Umstände<br />
der Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde unter keinem Gesichtspunkt entzogen sein;<br />
Hinweis auf VwGH 26.2.1996, 94/10/0192, 22.11.1994, 93/04/0102); 10.6.1999, 98/07/0001<br />
(diese Verpflichtung trifft bei Säumnisbeschwerden auch den VwGH; Hinweis auf VwGH<br />
22.2.1994, Slg NF Nr 14.010/A)<br />
15. Mit einer zulässigen Berufung durch welche Partei des Verfahrens immer erwächst der Berufungsbehörde<br />
jedenfalls im Anlagenbewilligungsverfahren eine völlig uneingeschränkte Befugnis, die von<br />
der Behörde - <strong>und</strong> nur von der Behörde - wahrnehmbaren öffentlichen Interessen umfassend <strong>und</strong><br />
damit auch dort <strong>und</strong> in jenem Ausmaß zu prüfen, wo <strong>und</strong> in welchem Ausmaß eine Prüfung der zu<br />
beachtenden öffentlichen Interessen von der Erstbehörde verabsäumt worden war.<br />
<strong>Judikatur</strong> zum WRG 1870 – 2004 Seite 368 von 390