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Judikatur - Institut für Wasserbau und Ingenieurhydrologie | TU Wien

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Bedachtnahme auf die konkrete Wirtschaftssituation eines Unternehmens, nicht mehr entscheidungsrelevant<br />

sei.<br />

Durch die Gewerberechtsnov 1997, BGBl I 1997/63 erhielt § 79 Abs 1 GewO 1994 folgende Fassung:<br />

„§ 79. (1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gem § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen<br />

trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so<br />

hat die Behörde (§§ 333, 334, 335) die nach dem Stand der Technik (§ 71a) <strong>und</strong> dem Stand der medizinischen<br />

<strong>und</strong> der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen<br />

oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur<br />

Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu<br />

umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen,<br />

höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens<br />

fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass<br />

ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verb<strong>und</strong>enen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst<br />

innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, <strong>und</strong> gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt<br />

des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen<br />

nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen<br />

verb<strong>und</strong>ene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind<br />

insbesondere Art, Menge <strong>und</strong> Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen <strong>und</strong> der von ihr<br />

verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer <strong>und</strong> die technischen Besonderheiten der Anlage zu<br />

berücksichtigen".<br />

Zu § 79 Abs 1 GewO 1994 in der zuletzt zitierten Fassung hat der VwGH ausgesprochen, dass einem<br />

Maßstab der „wirtschaftlichen Zumutbarkeit" in einem subjektiven Sinne (nach der konkreten<br />

Wirtschaftssituation eines Unternehmens) bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 79 Abs 1<br />

vorletzter <strong>und</strong> letzter Satz GewO 1994 keine rechtliche Relevanz zukommt (VwGH 26.6.2002,<br />

2002/04/0037 u.a.).<br />

Ob diese Rsp auch auf § 21a übertragen werden kann, muss dahin gestellt bleiben, da der VwGH die<br />

(gr<strong>und</strong>sätzliche) Unbeachtlichkeit der wirtschaftlichen Situation des Konsensinhabers für die<br />

Verhältnismäßigkeitsprüfung aus den erst durch die Gewerberechtsnov 1997 in den § 79 Abs 1 GewO<br />

1994 eingefügten Bestimmungen abgeleitet hat, wonach die Behörde festzulegen hat, dass bestimmte<br />

Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber<br />

der Betriebsanlage nachweist, dass ihm die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist<br />

wirtschaftlich zumutbar ist. Vergleichbare ausdrückliche Bestimmungen im § 21a fehlen.<br />

In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird die Verhältnismäßigkeit iSd § 21a als ein objektiver<br />

Maßstab verstanden, bei dem subjektive Umstände des Verpflichteten wie etwa dessen wirtschaftliche<br />

Situation keine Rolle spielen.<br />

Raschauer (Kommentar zum Wasserrecht, 1993, 78, Rz 8) vertritt die Auffassung, Verhältnismäßigkeit<br />

iSd § 21a Abs 3 sei im objektiven Sinn zu verstehen, dh es komme nicht auf die subjektive „wirtschaftliche<br />

Zumutbarkeit", sondern auf das objektive Verhältnis von Aufwand zum wasserwirtschaftlichen<br />

Erfolg an.<br />

Im selben Sinne versteht auch Binder (Voraussetzungen <strong>und</strong> Grenzen der Abänderung von<br />

Bewilligungen gem § 21a WRG 1959, BGBl. 1959/215 idF BGBl. 1990/252, in: Oberndorfer (Hrsg.),<br />

Aktuelle Probleme der Elektrizitätswirtschaft, 1991, 61) § 21a Abs 3 WRG 1959. Binder führt aus:<br />

„ISd § 21a Abs 3 lit a ist Maßstab der Verhältnismäßigkeit auch die „Wirtschaftlichkeit" solcher<br />

Anordnungen. Die Aufwände, die der Wasserbenutzungsberechtigte iZm der nachträglichen Einschränkung<br />

seiner Bewilligung zu tragen hat, müssen in einem vertretbaren Verhältnis zu den damit verwirklichbaren<br />

öffentlichen Zwecken stehen. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wasserbenutzungsberechtigten wird<br />

dabei zu berücksichtigen sein, jedoch in einem objektivierten typisierenden Sinn nach Art, Umfang <strong>und</strong> Branche<br />

seines Betriebes oder seines Vorhabens. Eine besonders schlechte oder gute individuelle Situation eines<br />

einzelnen Wasserbenutzungsberechtigten muss unbeachtlich bleiben, weil die durch § 21a gebotene<br />

Verwirklichung öffentlicher Zwecke nicht von der zufälligen finanziellen Leistungsfähigkeit der Wasserbenutzungsberechtigten<br />

im Einzelfall abhängen darf."<br />

Für diese Auslegung sprechen auch die von Stolzlechner (Rechtsgr<strong>und</strong>lagen für Umweltschutzinvestitionen<br />

wirtschaftlicher Unternehmungen, ÖZW 1990, 4) angestellten Überlegungen zu § 79<br />

Abs 1 GewO idF der Gewerberechtsnov 1988.<br />

Wie Stolzlechner ausführt, wäre die subjektive Deutung der „wirtschaftlichen Zumutbarkeit" mit dem<br />

umweltpolitischen Nachteil verb<strong>und</strong>en, dass wirtschaftlich schwachen Betrieben aus der Sicht des<br />

Umweltschutzes erforderliche Investitionen erspart blieben, während leistungsstarke Unternehmen<br />

notwendige Umweltschutzmaßnahmen durchzuführen haben. Diese im Hinblick auf den Umweltschutz<br />

sinnwidrige Differenzierung führte überdies zu einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten schwacher<br />

Betriebe.<br />

<strong>Judikatur</strong> zum WRG 1870 – 2004 Seite 68 von 390

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