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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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kann, suchen wir die Bestimmung des Lebens zu erfüllen.<br />

Wir schließen uns weder ab <strong>von</strong> der Welt, noch<br />

fliehen wir den Umgang der Geschlechter. Nur wer den<br />

Beruf in sich fühlt, oder wer durch Krankheit des Körpers,<br />

durch Abspannung der Kräfte seines Geistes verhindert<br />

ist, der Welt seinen Tribut zu zahlen, nur der<br />

lebt still, gepflegt <strong>von</strong> der Liebe seiner Brüder, dem<br />

Gebet, der Prüfung und Vorbereitung auf seine irdische<br />

Auflösung. Und wie schön, wie tief und wahr ist<br />

die Einrichtung, daß Brüder und Schwestern sich nur<br />

durch Gottes heilige Gnadenwahl ehelich verbinden!<br />

Fürchtegott warf die Bemerkung dazwischen, daß<br />

bei dieser allerdings bequemen Einrichtung das Herz<br />

doch wohl zuweilen zu kurz kommen möge.<br />

Glaube das nicht, junger Freund, erwiderte Wimmer.<br />

Nichts ist leichter zu täuschen, zu hintergehen, als das<br />

Herz; kein Glied des menschlichen Körpers ist verdorbener<br />

und größerer Schlechtigkeiten fähig, als diese<br />

unruhig klopfende Muskel! Wir armen blöden Thoren<br />

halten uns für beglückt, für beseligt, wenn ein paar<br />

muntere Mädchenaugen unser Blut rascher aufwallen<br />

machen; wir nennen’s Neigung, fühlen wir diese angenehmen<br />

Bebungen des Herzens sich wiederholen, und<br />

steigert sich der anfangs nur flüchtige Reiz zu süßer<br />

gegenseitiger Dauer, so schwören wir, daß es Liebe sei,<br />

und ein Bund für’s Leben ist gewöhnlich die Folge da<strong>von</strong>.<br />

Arme verblendete Thoren! – Wer zählt die unseligen<br />

Ehebündnisse, deren reizender Deckmantel die sogenannte<br />

Liebe war und die doch ein koketter Augenwink<br />

knüpfte? Wer kann mir die Zahl der unglücklichen<br />

Frauen nennen, denen falsche, erheuchelte Männerliebe<br />

das Herz brach, das Leben zur Hölle machte? –

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