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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 71 —<br />

Es ist kaum anzunehmen, daß Frau Anna über ihrer<br />

Tochter heimliche Neigung ganz in Unkenntniß geblieben<br />

sein sollte, jedenfalls aber war sie klug genug, dem<br />

fröhlichen unverdorbenen Kinde nicht mit philisterhaften<br />

Mahnungen oder heftigen Drohungen entgegen zu<br />

treten, und dadurch eine Neigung, die vielleicht nur<br />

Spiel unklarer Gefühle war, zu heißer Leidenschaft anzufachen.<br />

Flora blieb mithin ganz ungestört in ihren<br />

abendlichen Besuchen des Färbehauses, denn auf die<br />

Verschwiegenheit der Brüder, die ihr verpflichtet waren,<br />

durfte sie sich verlassen.<br />

So vergingen unter angestrengter Thätigkeit mehrere<br />

Wochen. <strong>Ammer</strong> blieb immer derselbe ruhige, sein<br />

großes Geschäft mit Umsicht und Ausdauer betreibende<br />

Mann, streng gegen sich selbst und unerbittlich in<br />

seinen Forderungen gegen Andere. Allwöchentlich einmal<br />

ging er zur unfern gelegenen Stadt, um die dortigen<br />

Kaufleute, mit denen er in Verbindung stand, zu<br />

besuchen und neue Bestellungen zu besprechen. Selbst<br />

ungünstiges Wetter hielt ihn <strong>von</strong> solchen Gängen nicht<br />

ab, noch konnte ihn irgend Jemand bewegen, der Bequemlichkeit<br />

wegen und aus Rücksicht für seine Gesundheit<br />

einen Wagen zu besteigen. Jedes derartige<br />

Ansinnen wies er mit den Worten zurück: Ich bin blos<br />

ein armer Weber; für den schickt sich’s nicht, daß er<br />

großthuerisch im Wagen sitzt. Wär’ ich Fabrikant, ’s<br />

könnte sein, daß ich führe.<br />

Nach Verlauf <strong>von</strong> zwei Monaten war die <strong>von</strong> dem<br />

Herrnhuter bestellte Anzahl theils feiner, theils mittelfeiner<br />

Linnen fertig und lag in <strong>Ammer</strong>’s Hause zu weiterer<br />

Beförderung bereit. Der Weber konnte nie an dem

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