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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 923 —<br />

drücken und heimgehen, um auf mein Stündlein zu<br />

harren.<br />

So sprechend, setzte Wimmer den Fuß auf die erste<br />

Treppenstufe, griff mit der Rechten nach der kalten Eisenstange<br />

des Geländers und stieg langsam und mehr<br />

denn einmal rastend, in die erste Etage hinauf.<br />

Niemand hörte den Unerwarteten. Es war und blieb<br />

so still im Schlosse, als sei es unbewohnt. Wimmer erreichte<br />

den Corridor und harrte hier einige Secunden,<br />

sich auf den Stock stützend, und abermals den Hut abnehmend.<br />

Der Kopf war ihm heiß, er fächelte sich Kühlung<br />

zu, als ströme ihm die glühende Luft eines schwülen<br />

Sommertages entgegen.<br />

Jetzt ging er weiter, den Corridor entlang. Vor jeder<br />

Thür blieb er stehen, in gebückter Stellung horchend,<br />

ob er wohl Stimmen oder Geräusch wandelnder Menschen<br />

drinnen vernehme. Er kannte das Zimmer seines<br />

alten Freundes nicht, nur daß es im ersten Stock<br />

des weitläufigen Schlosses gelegen sei, wußte er. Schon<br />

hatte er einige Thüren zu öffnen gesucht, allein sie waren<br />

alle verschlossen. Anklopfen wollte er nicht, weil er<br />

den Jugendfreund zu überraschen gedachte. Endlich<br />

wich eine Thür seinem Drucke, er trat ein und befand<br />

sich Frau Anna gegenüber.<br />

<strong>Die</strong> Verwunderung, das Erschrecken Beider war<br />

gleich groß. Anna fuhr bei dem Anblick des Herrnhuters,<br />

der unhörbar, wie ein grauer Schatten, durch<br />

die Thür schritt, innerlich zusammen, und Wimmer erschrak<br />

über die Verwüstungen, welche die letzten Monate<br />

im Antlitz der Frau, die er einst seine Braut nannte,<br />

angerichtet. In diese tief gefurchten und dennoch

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