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Die Familie Ammer. Deutscher Sittenroman von Ernst Willkomm.

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— 354 —<br />

ACHTES KAPITEL. AUS DEM TAGEBUCHE EINER<br />

MISSIONÄRIN.<br />

Voll Dank gegen den Höchsten, aber mit Zagen und<br />

innerlichem Bangen bestieg ich spät am Abend den<br />

Wagen, der mich wohl für immer meinem Heimathlande<br />

entführen wird. Ueber meine Stimmung in jenen<br />

Stunden der ungeheuersten geistigen Bewegung vermag<br />

ich keine Rechenschaft zu geben. Nicht bloß das<br />

jüngst Vergangene, auch die Gegenwart schien mir ein<br />

Traum zu sein. Mein leibliches Theil freilich lebte, aber<br />

meine Seele lag gebettet in rosenrothem Gewölk, das<br />

<strong>von</strong> Engeln getragen, über Berge, Thäler, Flüsse und<br />

Ströme fortglitt! In der bescheidenen Hütte am Waldsaume,<br />

dort, wo das verrufene Moor beginnt, saß ich<br />

im Geiste wieder zu den Füßen der Großmutter, die<br />

mich erzogen hat. Das Spinnrad schnurrte, die graugestreifte<br />

Katze spann, und die Großmutter sang mit<br />

näselnder Stimme, aber mit der ganzen Innbrunst eines<br />

gottergebenen Gemüthes ein Lied <strong>von</strong> Paul Gerhard<br />

oder Fürchtegott Gellert. <strong>Die</strong>ses Untertauchen in<br />

die längst entschwundene Kindheit tröstete mich und<br />

erhob mich über die ersten stechenden Schmerzen der<br />

Trennung. Johannes sprach immer sehr liebevoll zu<br />

mir, doch habe ich wenig <strong>von</strong> dem gehört, was er mir<br />

vortrug. War dies Sünde, o dann, gütiger Gott, dann<br />

vergib einem zerknirschten Herzen diese Nichtachtsamkeit!<br />

Noch ist er mir ja fremd, wenn auch vom<br />

Schicksal bestimmt. – Einen vom Himmel, <strong>von</strong> unserm<br />

Erlöser uns selbst zugeführten Bräutigam muß man ja<br />

lieben und ehren. – Und ich will nimmer – so der Heiland<br />

nicht seine Hand <strong>von</strong> mir abzieht – den thörichten

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